Das Buch untersucht eine antisemitische Karikaturenserie aus der Zeit des wilhelminischen Kaiserreichs, deren Primitivität und Radikalität an den "Stürmer" erinnert. Kaum ein Mythos, Vorurteil oder Feindbild über "die Juden" wird in den Zeichnungen und Begleittexten ausgelassen. Zwar handelt es sich bei den "Politischen Bilderbogen" nicht um eine neu entdeckte Quelle, doch bietet diese Arbeit als erste eine vollständige Auswertung und historische Einordnung an.
Die Auswertung der Karikaturenserie fußt auf einem äußerst kundigen Überblick über die Entstehung und Entwicklung des Antisemitismus im Kaiserreich, sowie über die Forschungslage zu diesem Thema. In sozioökonomischen Statusängsten, christlich- religiösen Vorurteilen und völkisch- nationalistischen Purifikationsphantasien erkennt der Autor die drei Stützpfeiler antisemitischen Denkens. Auf ihnen fußen die Feindbildkonstruktionen, die nicht nur in den Schriften antisemitischer Theoretiker, sondern in Objektivationen der Alltagskultur (wie eben z.B. Karikaturen) ihren Niederschlag gefunden haben.
Bei der Auswertung der Bilderbogen gelangt der Autor zu einigen neuen und z.T. überraschenden Erkenntnissen über den Antisemitismus im späten Kaiserreich - so u.a. zum Verhältnis von Religion und Rasse im modernen Antisemitismus, zu Judenfeindlichkeit und politsicher Gewalt, zu den Ursprüngen der Gleichsetzung von Judentum und Bolschewismus, zur Verknüpfung von Antisemitismus und Bismarck- Kult und nicht zuletzt über Max Bewer, dem Autor der "Politischen Bilderbogen", dessen Werk und Persönlichkeit der Forschung bislang offenbar völlig entgangen sind.
Für jeden, der sich als Wissenschaftler oder Laie dem Thema Antisemitismus, bzw. völkische Bewegung im Kaiserreich mit einem sozial- oder kulturgeschichtlichen Ansatz zuwendet, ist dieses Buch eine Pflichtlektüre.