Wir haben das 20. Jahrhundert verlassen, aber es hat uns nicht verlassen. Während es immer weniger Zeitzeugen und Überlebende von Zweitem Weltkrieg und Holocaust gibt, sind wir mehr als sechzig Jahre nach den traumatischen Ereignissen weiterhin intensiv damit beschäftigt, dieser Vergangenheit eine Erinnerungsgestalt zu geben. Aleida Asmann untersucht in diesem klar und anschaulich geschriebenen Buch, das sich beherzt über Fächergrenzen hinwegsetzt, unterschiedliche Wege, die von individuellen zu kollektiven Konstruktionen der Vergangenheit führen, und geht den Spannungen zwischen persönlicher Erfahrung und offiziellem Gedenken nach. Ein unentbehrlicher Wegweiser für alle, die nach der Gegenwart und der Zukunft der Erinnerung fragen.
Inhaltsverzeichnis
Inhalt
Vorwort
Einleitung: Triumph und Trauma
Erster Teil: Theoretische Grundlagen
1. Von individuellen zu kollektiven Konstruktionen der Vergangenheit
Das individuelle Gedä chtnis
Das soziale Gedä chtnis
Kollektives Gedä chtnis – eine Fiktion?
Drei Dimensionen des Gedä chtnisses: neuronal, sozial, kulturell
Das politische Gedä chtnis
Renan als Theoretiker des nationalen Gedä chtnisses
Mythos
Exkurs: Gedä chtnis und Geschichte
Annä herungen zwischen Geschichte und Gedä chtnis im Schatten des Holocaust
Das kulturelle Gedä chtnis
Speichergedä chtnis und Funktionsgedä chtnis
Zusammenfassung
2. Grundbegriffe und Topoi des individuellen und kollektiven Gedä chtnisses
Wer erinnert sich?
Sieger und Verlierer
Opfer und Tä ter
Die Figur des Zeugen
Wie wird erinnert?
Trauma
Beschweigen
Vergessen
Trauer
Wandel der Geschichtspolitik
Zweiter Teil: Analysen und Fallbeispiele
3. Wie wahr sind Erinnerungen?
Ich-Gedä chtnis und Mich-Gedä chtnis (Gü nter Grass)
Authentizitä tsprobleme
Zwei Erinnerungen an Auschwitz (Primo Levi und Reinhart Koselleck)
Spur und Bahn: zwei Gedä chtnismodelle
Erinnern und Vorstellen
Zusammenfassung
4. Falsche Erinnerungen: Identitä tspathologien am Ende des 20. Jahrhunderts
Lockes Identitä tskonzept
Der Fall Schneider/Schwerte
Der Fall Bruno Dö ssecker/BinjaminWilkomirski
Soziale Gedä chtnisrahmen
5. Inkorrekte Erinnerungen: Ü ber die normative Kraft sozialer Gedä chtnisrahmen
Der Holocaust als ‹ Gedä chtnisrahmen›
Halbwachs’ Theorie des Gedä chtnisrahmens
Der Fall Jenninger
Brauchbare und unbrauchbare Erinnerungen
6. Fü nf Strategien der Verdrä ngung
Aufrechnen
Externalisieren
Ausblenden
Schweigen
Umfä lschen
Asymmetrien im deutschen Gedä chtnis
7. Deutsche Opfernarrative
Bombenkrieg (W. G. Sebald und Jö rg Friedrich)
Das Zurü ckfluten von Erinnerungen
Vertreibung (Gü nter Grass, Im Krebsgang)
Die (Un-)Vereinbarkeit von Leid und Schuld
Hierarchisierung
8. Schnittstellen zwischen Erfahrungsgedä chtnis und kulturellem Gedä chtnis
Vom individuellen zum sozialen Gedä chtnis
Vom individuellen zum kollektiven Gedä chtnis
Vom individuellen zum kulturellen Gedä chtnis
Inkarnierte Erlebniserinnerung – exkarniertes Mediengedä chtnis
Zur Asymmetrie von Opfer- und Tä tergedä chtnis
9. Gedä chtnisorte in Raum und Zeit
Gedenkstä tten
Traumatische Orte
Gedenken und Vergessen
Traumatische Jahrestage
Erinnern als Wieder-Holen – Gedä chtnis zwischenMythos und Geschichte
10. Die Zukunft der Erinnerung an den Holocaust
Reprä sentation
Institutionalisierung
Massenmedien
Das Internet als Gedä chtnismedium?
Was hä lt die Erinnerung am Leben? Gefahren und Chancen
11. Europa als Erinnerungsgemeinschaft
Europä ische Identitä tskonstruktionen
Der Holocaust als Gedä chtnis Europas?
Europä ische Erinnerungen nach 1945
Unterschiede in West und Ost
Regeln fü r einen verträ glichen Umgang mit nationalen Erinnerungen
Schluss: Der lange Schatten
Anmerkungen
Literatur
Personenregister