Es ist ein sprachliches Meisterwerk und nicht frei von leisem Humor. Das Buch ist durchdrungen von Symbolik. Nur ein paar Beispiele: Das Flüchtlingsmädchen steht für das flüchtige Leben, für den Zufall. Für den Zufall steht auch Taylor, der Reither zufällig zu Hilfe kommt. Reither wird von dem Flüchtlingsmädchen an der Hand neben der Lebenslinie verletzt. D. h. sein Leben hat viele Verletzungen erfahren, jetzt aber eine besonders gravierende. Reither und die Palm verhalten sich sehr merkwürdig. In der Novelle ist es fast immer die Palm, die den Fortgang der Handlung bestimmt. So trägt sie seine Jacke, ja sie tauscht sogar ihr Auto gegen seine Jacke, die sie ihm zurückgeben wird, wenn sie sie nicht mehr braucht. Diese Jacke dient ihr als Schutz. Beide können, so wird während des Geschichte klar, nicht zusammen kommen, weil sie nicht fähig sind, Kompromisse zu machen. Die Fahrt, die sie zusammen nach Itailien unternehmen, mündet in einen Trugbild. Die Sehnsucht, die beide haben, in einer harmonischen Beziehung zu leben kann nicht erfüllt werden. Gemeinsam ist ihnen nur das Laster des Rauchens, und das ist zu wenig. So kann man die Novelle auch als Parabel lesen, als Parabel für ein unerfülltes Leben.
Diese Novelle ist deshalb so interessant, weil sie so vielschichtig ist und nicht nur viele Deutungen zulässt, sondern den Leser auch sehr nachdenklich zurücklässt. Die Palm wusste von Anfang an, dass sie nicht mehr lange zu leben hat, deshalb war es ihr wichtig, dass Reither ihr Buch positiv beurteilt. Das geschah nicht. Blieb die Frage: Welchen Sinn hatte ihr Leben? Und diese Frage stellen wir uns am Ende doch alle, oder?
Mich hat dieses Buch sehr beeindruckt. Es hat eine sehr gute Erzählstruktur, aber es kann auf vielerlei Arten gelesen werden und darin liegt Kirchhofs Meisterleistung. Da ist die vordergründige Handlung. Sie ist schnell erzählt: zwei Menschen lernen sich auf ungewöhnliche Art und Weise kennen und fahren miteinander ins Ungewisse und landen in Italien. Aber die Meisterleistung Kirchhofs liegt darin, wie er dem Leser die Positionen der beiden Protagonisten vermittelt. Der Leser wird quasi aufgefordert Stellung zu beziehen und das ist das Großartige an diesem Buch. Da gibt es auch immer wieder Sätze, die Lust auf Nachdenken machen.