Alina Bronsky war mir als Autorin schon länger ein Begriff, jedoch hatte sich nie die Gelegenheit ergeben, eines ihrer Werke zu lesen. Die kurze Novelle Das Geschenk schient da in der Vorweihnachtszeit eine perfekte Möglichkeit, vor allem durch den Bezug zum Fest.
Schnell stellt sich jedoch heraus, dass das Weihnachtsfest nur seichte im Hintergrund plätschert und den Anlass für das Treffen zweier Paare liefert: Kathrin und Peter haben früher viel mit dem befreundeten Paar Almut und Klaus sowie den jeweiligen Kindern unternommen, seit Almuts Tod vor einigen Jahren ist der Kontakt jedoch abgebrochen. Nun lädt Klaus die alten Freunde überraschend für die Weihnachtstage zu sich in eine abgelegene Hütte ein, wo prompt seine neue, jüngere Freundin Sharon für Aufsehen sorgt. Identifizieren kann sich sicherlich auch der ein oder andere mit der Ausgangssituation, dem Wiedersehen mit alten Bekannten, mit denen man früher viel Zeit verbracht hat, die Kinder waren im gleichen Alter und verstanden sich, doch mit der Zeit werden diese groß, die Besuche unregelmäßiger, und schließlich verliert man sich ganz aus den Augen. Beim Wiedersehen dann eine befremdliche Nähe, Erinnerungen an frühere Treffen kommen hoch oder wollen erinnert werden, man ist sich unsicher, wie man sich verhalten soll in der Gegenwart dieser fremden Freunde. Bronsky zeichnet diese Begegnung gekonnt nach und lässt eigene Freundschaften reflektieren, jedoch verlaufen sich einige Fäden im Nichts oder tauchen aus diesem auf.
Trotz der kurzen Länge der Geschichte verleiht Bronsky ihren Figuren eine Tiefe, die nicht nur ehrlich sondern auch lebensnah wirkt. Jeder kennt eine Kathrin, die zu gutmütig ist um eine Einladung abzusagen, einen Peter, der Konfrontationen eher aus dem Weg geht, einen Klaus, der spät noch einmal einen zweiten Versuch für die Liebe wagt, und eine Sharon, bei der man nie weiß, ob ihre Naivität wirklich echt oder gespielt ist. Die Charaktere ergänzen sich, trotzdem fehlt der angepriesene Witz. Die Situation mag zwar etwas komisches an sich haben, jedoch bemitleidet man die Charaktere eher als dass sie sich ein feuriger Dialog bietet.
Auch der erwähnte schwarze Humor war für mich weniger vorhanden, dafür bleib die Geschichte zu vorhersehbar. Altbekannte Wendungen und überraschende Erkenntnisse, nett verpackt, aber eben doch nicht ungewöhnlich.
Wer jedoch auf der Suche nach einer kurzen Lektüre mit kitschfreiem Weihnachtsfeeling ist, für den ist Das Geschenk jedoch vielleicht genau richtig.