John Irvings neuester Roman Der letzte Sessellift" erscheint zu seinem 80-igsten Geburtstag. Auf opulenten 889 Seiten geht es um einen konventionellen Typen, der in unkonventionellen Verhältnissen aufwächst. Aus der Ich-Perspektive von Adam Broster beschäftigt sich Irving sehr detailliert mit seinem Helden, aber auch mit den anderen Figuren seiner Geschichte. Da ist seine Mutter Rachel mit ihrer Freundin Molly, seine Cousine Nora, die mit der stummen Em in einem politischen Comedy-Club auftritt, oder sein Ersatz-Vater Elliot, der sich als Frau viel wohler fühlt. Seine Kapitel unterteilt Irving nicht nur zeitlich, sondern auch thematisch. So lernen wir viel über die Familienmitglieder und begleiten sie von jungen Jahren bis in den Tod, der, es wäre sonst nicht Irving, durch ebenso skurrile wie erschreckende Umstände eintritt, seien es Skiunfälle, Stromschläge, Selbstmord, Lawinen, Attentate oder Waffengewalt. Dabei vergisst er nie die gesellschaftspolitischen Verhältnisse der jeweiligen Zeit, sei es die Auseinandersetzung um den Vietnamkrieg in den 1960er und 1970er Jahren, die Bedrohung durch AIDS in den 1980ern, die Intoleranz des Reagan-Regimes oder die politische Stimmung bei der Trump-Wahl. Immer geht es ihm um Toleranz und das Selbstverständnis jener, die sich ein wenig abseits des sogenannten Mainstream bewegen Irving selbst schreibt an einer Stelle: Es gibt mehr als einen Weg, Menschen zu lieben. So ist Der letzte Sesselift ein komplexer und liebevoll inszenierter Gesellschaftsroman um das vermeintliche Anderssein, in dem natürlich auch das Ringen und das Land Österreich wieder einen kleinen Platz finden.