Für mich ist der Roman "Die Schattentochter" meine erste literarische Begegnung mit der englischen Autorin Jill Childs.
Das Cover ist auf die Begegnung von zwei lässig gekleideten Frauen fokussiert. Die erste Frau ist mittig auf dem Cover platziert, sie strahlt ein gewisses Selbstbewusstsein aus, während die zweite Frau an ihr vorbeigeht, wobei sie ihr einen flüchtigen Blick über die Schulter zuwirft. Im Hintergrund ist ein freistehendes, altmodisch wirkendes Haus zu erkennen. Der Titel ist sehr vieldeutig, er deutet ein Geheimnis an, ohne zu viel zu verraten. Alles in allem sind Cover, Titel und Klappentext stimmig aufeinander abgestimmt und machen neugierig auf den Roman.
Das Geschehen spielt in England, in der aktuellen Gegenwart, es wird aus verschiedenen Perspektiven Ruth, Paula, Sara) vermittelt, was für zusätzliche Spannung sorgt. Im Mittelpunkt des Romans stehen mehrere Frauen, die durch familiäre Bande miteinander verbunden sind. Im Zentrum steht Paula, die - mit einem Arzt verheiratet - in wohlhabenden Verhältnissen lebt. Materielle Sorgen kennt sie nicht, im Gegensatz zu ihrem Bruder, einem talentierten Automechaniker, der durch seine Scheidung aus dem inneren Gleichgewicht geraten ist, was sich in häufigen Wechseln des Arbeitsplatzes spiegelt. Einen Beruf übt Paula nicht aus, sie konzentriert sich auf ihre kleine Tochter, die eine nahegelegene Grundschule besucht. In ihrer Freizeit interessiert sie sich für Kunst und besucht entsprechende Kurse, sie liebäugelt mit dem Gedanken, stundenweise in der Verwaltung tätig zu werden. Ihrer betagten Großmutter Ruth ist sie eng verbunden, ebenso wie ihre kleine Tochter. Ruth hat ein gutes Herz, sie sucht den Kontakt zu Menschen am Rande der Gesellschaft. Sie kümmert sich um Wohnungs- und Obdachlose und lädt sie regelmäßig in ihr kleines Häuschen ein, zum Missfallen ihrer Enkelin Paula. Ihre heile Welt wird durch das unerwartete Auftauchen von einer jungen Frau auf den Kopf gestellt. Allem Anschein nach ist sie Sara, die schmerzlich vermisste Urenkelin von Ruth. Nach der Scheidung ihrer Eltern ist der Kontakt von Sara zu ihren Verwandten väterlicherseits abgebrochen; bedingt durch den Tod ihrer Mutter sucht sie wieder ihre Nähe. Paula steht Sara kritisch gegenüber, sie stellt ihre Motive infrage und zweifelt sogar ihre Identität an, nachdem sie mehrere verstörende Entdeckungen gemacht hat.
Der Roman "Die Schattentochter" thematisiert streng gehütete Familiengeheimnisse, die weit in die Vergangenheit der literarischen Figuren weisen. Er ist sehr interessant konzipiert, mit vielen überraschenden Wendungen, welche die Spannung auf einem konstant hohen Niveau halten. Ich mochte das Buch gar nicht mehr aus meinen Händen legen. Mir hat meine Lektüre sehr gefallen; ich empfehle sie ausdrücklich weiter.