"Aber wenn du mich fragst, was ich mir vorstelle, dann würde ich am liebsten alles auf einmal in die Luft jagen. Da träum ich schon von, seit ich ein Kind bin."
INHALT:
Während der Klimawandel dafür sorgt, dass die Waldbrände, Pandemien und Überschwemmungen zunehmen und Lebensräume zerstören, die Menschen wegen der Hitze immer weniger im Stadtinneren leben können, man sich an warmen Tagen vom Asphalt fernhalten muss, das Wasser rationiert ist, das Essen überwiegend aus Pulvern besteht, die Leute Atemmasken wegen des Rauchs tragen müssen und die Schulen schließen, interessiert sich Era vor allem für das Aussterben von Vögeln. Denn es sind immer mehr Arten, die nicht überleben. Da Tagebücher mittlerweile sicherer sind, als digitale Dokumentationen, hält die 15-Jährige die ausgestorbenen Arten in ihrem Notizbuch fest, um all der Zerstörung etwas entgegenzusetzen.
Dabei verfolgt sie den Livestream von Maja und deren jüngerer Schwester Merle, die sie von der Schule kennt.
Anonym drehen die Geschwister Videos davon, wie sie auf einer Lichtung im Wald Gegenstände in die Luft jagen. So zünden sie schließlich die Festplatten ihrer Mütter an. Denn vor allem Maja hat genug davon, dass ihre Eltern als bekannte Momfluencerinnen, das ganze Leben ihrer Kinder im Internet veröffentlicht haben. Die Wut in Maja ist groß, sie macht da nicht länger mit und möchte nun alle Spuren vernichten.
"Maja sagt da immer, sie sei ein gebranntes Kind, wegen der ganzen Frühdokumentation, die ihre Mütter ungefragterweise hochgeladen haben."
Era und Maja haben beide ihre persönlichen Ängste, gehen aber unterschiedlich damit um. Dennoch nähern sie sich einander an.
Doch plötzlich gerät der eigene Lebensraum in Gefahr ...
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MEINUNG:
Auf dieses Buch aufmerksam geworden, bin ich durch den außergewöhnlichen Titel. Ich wollte wissen, was es mit den besagten Mädchen auf sich hat.
Und auch die Themen haben mich neugierig gemacht.
Der dystopische Coming-of-Age-Roman spielt in einer nahen Zukunft, die sich für mich durchaus realistisch anfühlte.
Dass die Klimaerwärmung immer mehr zum Problem wird, wir Schwierigkeiten mit Naturkatastrophen und Pandemien haben und Tierarten gefährdet sind, dürfte uns bereits bekannt vorkommen, wenn auch noch nicht in dem Maße, wie in der hiesigen Geschichte.
Ich finde es immer wieder spannend, welche kreativen Ideen Autor*innen haben, wenn sie ein mögliches Zukunftsszenario zeichnen.
Zudem enthält das Buch einiges an Gesellschaftskritik, wenn es um Momfluencerinnen/ Family-Vlogger*innen und um Privatsphäre von deren Kindern und Jugendlichen geht.
Ich fand es eindrücklich dargestellt, wie sehr Kinder und Jugendliche (später) darunter leiden können, wenn sie von ihren Eltern im Internet vermarktet werden und ihre ganze Entwicklung per Video für die Welt einsehbar ist. Daher konnte ich Majas Wut, die hinter ihrer dysfunktionalen Bewältigungsstrategie steckt, gut nachvollziehen.
Was ich als weniger glaubwürdig empfunden habe, ist, dass Era, die in einer Hütte am Waldrand lebt, sich so für das Artensterben der Vögel interessiert und regelmäßig das Naturkundemuseum besucht, so fasziniert von den Schwestern ist, sich mit ihnen einlässt und sich nicht gegen deren Tun positioniert.
Auch wenn sie erst 15 Jahre alt ist, hätte ich hier wenigstens ein paar kritische Gedanken ihrerseits erwartet.
Durch die eher moderne Wortwahl und die jungen Figuren hatte ich etwas Sorge, zu alt für die Coming-of-Age-Geschichte zu sein, und brauchte tatsächlich etwas, bis ich in der Geschichte angekommen bin.
Doch die gesellschaftskritischen Themen und die Auswirkungen der Klimakatastrophe machten sie für mich lesenswert.
Mich ließ das Buch sehr nachdenklich zurück, was mir gut gefallen hat.
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FAZIT: Ein modern wirkender, dystopischer Coming-of-Age-Roman für Jung und Alt, der gesellschaftskritische Themen (Momfluencerinnen/ fehlende Privatsphäre bei Kindern und Jugendlichen) und mögliche Auswirkungen der Klimakatastrophe gekonnt aufgreift.
Thematisch fand ich ihn lesenswert, er lässt einen nachdenklich zurück und appelliert dafür, verantwortungsbewusst mit der Zukunft unserer Kinder umzugehen.
Bei der Protagonistin fehlte es mir jedoch an Glaubwürdigkeit und ich brauchte etwas, um in die Geschichte zu kommen.
3,5-4/5 Sterne!