Joel Dicker ist wieder da und hat eine herrlich verwobene, spannend verstrickte Geschichte mitgebracht, in der die Protagonisten zunächst wie Nachbarn um die Ecke erscheinen, bei denen man einkehren kann und fast wie Freunde aufgenommen wird.
In verschiedenen Zeitebenen erfahren wir genug, um den hochkarätigen Juwelenraub mitzuerleben und den wahren Hintergrund häppchenweise aufzuspüren. Joel Dickers Romane umfassen immer einen gewissen Zeitrahmen, in dem wir hin- und herspazieren, um die Protagonisten in ihrem Werdegang zu begleiten und besser zu verstehen. Doch wer wie wo inwiefern involviert ist, bleibt bis zur vorletzten Seite spannend, um auf der letzten Seite aufzuatmen
Gekonnt spinnt Joel Dicker ein Netz aus normalen Verhältnissen, die nach und nach aufbrechen und Geheimnisse zu Tage bringen.
Greg arbeitet bei der Polizei im Sondereinsatzkommando. Seine Frau Karine kümmert sich um ihre Kinder, Haushalt und eigene Arbeit und beide leben zufrieden im Vorortbereich des Villenviertels. Im Gegensatz zu Sophie und Arpad, die sich im Villenviertel in einem abgelegenen Glashaus am Waldrand gemütlich eingerichtet haben, um ihren Reichtum zu leben. Arpad arbeitete bei einer Bank und Sophie kommt aus reichem Elternhaus. Die beiden Paare kennen sich über deren Kinder und Greg kennt alle noch ein bißchen mehr... Es entsteht Freundschaft zwischen den Paaren und Sophie und Karine werden zu Freundinnen, bis Wahrheiten herauskommen, mit denen niemand rechnet.
Im Hintergrund dieser vorgelebten zunächst heilen Welt wird der Raubüberfall geplant. Wer ihn plant, ist völlig unklar, doch die Täter begleiten uns permanent durch die Seiten.
Zwanzig Tage vor dem Raubüberfall und einige Tage vor Sophies vierzigstem Geburtstag geschehen außergewöhnliche Dinge, die den Spannungsbogen stützen. Neunzehn Tage Harmlose Hundespaziergänge, kleine Ausflüchte um den Schein des Wohlhabenden zu wahren, Stalker und Affären sind vordergründig, abgrundtiefe Intrigen und Geheimnisse verstärken die spätere Entwicklung. Achtzehn Tage
Siebzehn Tage...
Joel Dickers Romane erhalten durch kleine Nebensätze eine besondere Lebendigkeit.
Mittags in der Boutique.
Oder Greg parkte vor der Tür.
5.45 Uhr in der Nähe des Glashauses.
Diese Sätze zu Beginn eines Abschnitts leiten einen Szenenwechsel ein wie er aus einem Drehbuch anmutet und vermittelt so eine bedeutungsvolle Atmosphäre, in der man nahtlos in die neue Situation gleitet.
Die Zeitsprünge sind immer gut nachvollziehbar und vertiefen die Charaktere und Zusammenhänge.
Zwischendurch flachte der Spannungsbogen kurzfristig ab, doch überraschende Bekenntnisse lassen ihn im nächsten Abschnitt schon wieder aufflammen.
Ein ungezähmtes Tier spielt auch eine Rolle, dessen Geschichte mit denen der Protagonisten genauso verwoben ist, wie die anderen ungezähmten Tiere, die nach und nach aus den Seiten springen.
Ein ungezähmtes Tier bekleidet das Milieu der Reichen und Schönen, ähnlich dem Format des Vor-Vorgänger-Buchs Das Geheimnis von Zimmer 622.
Mir gefallen jedoch Joels Romane um Marcus Goldman eine Spur besser, nichtsdestotrotz hat er sich schon längst als mein lebensbegleitender Lieblingsautor bewährt!
Ich freue mich schon auf dein Nächstes, Joel!