Nachdem mir der Name der Autorin von Der Sommer, in dem Einstein verschwand bekannt vorkam, wirkte ein Krimi interessant: Berechtigt oder zu früh gefreut?
Was als Ausflug ins Naturhistorische Museum beginnt, endet im Drama, denn Alice, die neunjährige Tochter der Familie Guldin verschwindet. Spuren sind schwer bis nicht zu finden, da das Kindermädchen der Guldins offenbar mit insgesamt fünf Kindern überfordert ist. Betraut mit den Ermittlungen wird Nils Gunnarsson, der in den (wortwörtlichen) Tiefen des Museums auf Spurensuche geht und sich in einem Wettrennen mit der Zeit wiederfindet.
Mehr soll zur Handlung gar nicht gesagt sein. Dass die Geschichte Teil einer Reihe um Nils Gunnarsson ist, wurde mir erst beim Lesen klar allerdings kommt man auch ohne deren Kenntnis klar. Da dieser Krimi im Jahr 1926 spielt, sollte man sich von der Idee des heute typischen skandinavischen Krimis und dem dort üblichen Ermittlungs- bzw. Geschehenstempo verabschieden: Hier geht es zeitgemäß langsamer zu. Wo der Klappentext auf Museumsgänge und -exponate als merkwürdige Elemente verweist, ist es während des Lesens eher die Familie, die merkwürdig scheint: Dass eine Mutter von fünf Kindern vorwiegend im Bett liegt, wirkt auf den ersten Blick noch plausibel schnell wird aber klar, dass nicht die üblicherweise erwartbaren Erklärungen dafür vorliegen, sondern dass bei Familie Guldin etwas faul ist. Der wenig sympathische Vater wirkt, als belaste ihn das Verschwinden der Tochter kaum bis nicht, wofür man während des Lesens ebenfalls nach Erklärungen sucht. Das erst 16-jährige Kindermädchen Maj ist eigentlich nur damit beschäftigt, alles am Laufen zu halten, sodass Hinweise auf Alices Verbleib nur ihr jüngerer Bruder gibt, die die Ermittelnden (Nils bekommt Unterstützung von seiner Ex Ellen, einer Journalistin, die natürlich einen anderen Ermittlungsstil verfolgt) erstmal einordnen müssen, leichter fällt einem das wohl als Leser, der schnell nach Bezügen zum Titel sucht. Auch bei Alice gab es sonderbare Veränderungen (die man heutzutage vielleicht auf Vorpubertät schöbe in den 1920er Jahren jedoch eher nicht). Zwar gibt es Ermittlungsansätze, zwischen denen es aber keine Zusammenhänge zu geben scheint, sondern lediglich Lügen, Geheimnisse, Unklarheiten; man weiß fast bis zum Ende nicht, was da gespielt wird. Dieser Umstand kreiert in Verbindung mit zahlreichen Schilderungen aus dem Museum (vor allem die Dioramen, die in noch ältere naturhistorische Zeiten zurückverweisen) eine düstere Atmosphäre, in der die Autorin ihre Leserschaft vorwiegend selbst rätseln lässt. Der Schreibstil ist weitgehend flüssig lesbar, wenngleich stellenweise altertümelnd. Insgesamt ist Im Finsterwald spannend, aber eher psychologisch spannend als durch die Geschehnisse selbst und nicht durchweg, denn die Geschichte hat Längen. 3,5 gerade noch aufgerundete Sterne.