"Der Gourmet" von M. W. Craven ist der zweite Band der Reihe um den Ermittler Washington Poe. Auch ohne den ersten Teil gelesen zu haben, konnte ich der Handlung gut folgen. Im Zentrum steht ein früherer Mordfall, den Poe eigentlich aufgeklärt hatte. Ein Starkoch wurde wegen des Mordes an seiner Tochter verurteilt, obwohl deren Leiche nie gefunden wurde. Als nun eine junge Frau auftaucht, die sich als diese Tochter ausgibt und deren DNA dies bestätigt, gerät Poe selbst unter Verdacht.
Interessanterweise ermitteln trotzdem Poe und seine Kollegin Tilly. Die Dynamik zwischen den beiden Hauptfiguren ist überzeugend dargestellt und sie ergänzen sich gut. Poe ist eher wortkarg und moralisch, Tilly ist eine brillante, aber sozial unbeholfene Analystin ist.
Der Schreibstil ist gradlinig und teils sarkastisch. Der Autor hält die Spannung auf einem konstant hohen Niveau. Längen gibt es kaum, dafür einige sehr brutale Passagen. Neben der eigentlichen Ermittlung werden auch Themen wie die Zuverlässigkeit von Beweismitteln und Zweifeln an der Justiz durchaus kritisch behandelt.
Einige Passagen wirken etwas übertrieben, insbesondere der Täter, der fast übermäßig böse dargestellt ist. Auch bleiben kleinere Logiklücken und moralische Fragen offen. Insgesamt ist "Der Gourmet" aber ein fesselnder, gut konstruierter Krimi mit einem originellen Fall und ungewöhnlichen Ermittlern.