Vergeben statt vergelten ist ein packender Erlebnisbericht von einem beinahe fatalen islamistischen Messerattentat. Yasin Güler schreibt selbst, wie er den Versuch, ihn mit 21 Jahren umzubringen und die folgenden Monate zwischen Leben und Sterben, erinnert.
Aber nicht nur das Attentat ist Thema. Denn Yasin Güler hat sich bis zu jenem verhängnisvollen Tag schon von Kindesbeinen an mit Trennung, Ungerechtigkeit, Ausgrenzung, Streit, Kulturunterschieden und Manipulation auseinandersetzen müssen. Beeindruckend schildert der junge Mann sein komplexes und doch beispielhaftes Aufwachsen, zwischen der väterlichen türkisch-muslimischen Welt und seinem deutschen Zuhause bei der Mutter. 21 Jahre Leben und die Wochen des Martyriums nach dem Attentat, das dieses Leben fast beendet hätte, sind textlich verschränkt.
Es ist kaum zu glauben, dass dieses Buch mit einem Happy End schließt. Umso mehr berührt es. Man fragt sich, wie um alles in der Welt ein so junger Mensch zu so erwachsener Stärke finden konnte. Weg von " Warum ich? " , weg von Rachewünschen, sehr bei sich.
Die Antwort klingt simpel und verwehrt sich dank des intensiven, leidvollen Wegs frömmelnder Abgedroschenheit: Es ist der Glaube, der Yasin Güler zur unbedingten Nächstenliebe geführt hat und die ihn wiederum zu dem glücklichen, positiven und, ja, dankbaren Menschen werden ließ, der mir im Interview gegenüber saß.
Annekathrin Ruhose, RBB
Sollte Schulpflichtlektüre werden
Wer dazu neigt, nach einfachen Antworten zu suchen, die Welt schwarz-weiß zu sehen und in Gut und Böse einzuteilen, der findet in diesem Buch keine Bestätigung sondern unschätzbar wertvolle Anregungen, mit einem differenzierteren Blick durchs Leben zu gehen. Yasin Güler zeigt in aller Schonungslosigkeit, was der Mann ihm antat, der ihn in einem Duisburger Fitnessstudio aus islamistisch motiviertem Hass auf die westliche Gesellschaft ein Messer in den Körper gerammt hat. Güler macht kein Geheimnis aus seinen Schmerzen und Ängsten und seinem schwindenden Lebensmut. Er legt aber auch eindringlich dar, wie er erkannte, dass Rachegedanken keine Lösung sind, dass Heilung für ihn nur möglich war, indem er den Teufelskreis des Hasses durchbrach und dem Attentäter verzieh. Und Güler betont, wie nötig auch unsere Gesellschaft Heilung hat, wie wichtig es ist, die zunehmende Spaltung zu überwinden, indem wir endlich anfangen, nicht übereinander zu reden, sondern es miteinander zu tun. Vergeben statt vergelten sollte zur Schul-Pflichtlektüre werden.
Dr. Claudia Becker, WELT
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