Ein Weg aus Tinte und Magie von Akram El-Bahay ist der erste Band der zweiteiligen Fantasyreihe Die Buchreisenden. Akram El-Bahay entführt seine Leser:innen mit Die Buchreisenden in eine Welt, die so wundersam wie gefährlich ist eine Welt, die sich buchstäblich in den Seiten alter Geschichten verbirgt.
Schon die Grundidee durch Bücher zu reisen und in ihren Geschichten zu wandeln hat eine besondere Anziehungskraft. Doch was dieses Buch für mich zu einem besonderen Leseerlebnis gemacht hat, ist weniger der Plot selbst als das Worldbuilding: Die erzählte Welt ist voller Magie, voller liebevoller Details und wirkt gewachsen und lebendig. Es sind nicht nur die bekannten Geschichten, durch die hier gereist wird es ist das, was zwischen den Zeilen liegt: das Wissen darum, dass Geschichten sich weiterentwickeln, dass sie Räume eröffnen, die selbst ihren Autor:innen unbekannt waren. In dieser Tiefe liegt der Zauber. Man bekommt beim Lesen das Gefühl, dass die Buchwelt noch weit über das hinausgeht, was in diesem ersten Band offenbart wird und genau das liebe ich an Fantasy - die Einladung zum Träumen.
Die Sprache ist insgesamt stimmig, oft bildhaft, lebendig und mit einem guten Gespür für Tempo. Im Mittelteil jedoch überschlagen sich die Ereignisse fast zu sehr. Der Plot nimmt so viel Fahrt auf, dass kaum Raum für innehalten bleibt weder für die Figuren noch für mich als Leserin. Informationen werden enthüllt, Siege errungen und Niederlagen eingesteckt, Entscheidungen getroffen, Verbündete und Gegner wechseln, aber ohne dass diese Entwicklungen wirklich nachhallen dürfen. Ich hätte mir mehr erzählerische Atempausen gewünscht, in denen sich die Figuren mit dem Geschehen auseinandersetzen, das Erlebte reflektieren oder Beziehungen vertiefen.
Gerade Letzteres bleibt in meinen Augen der größte Schwachpunkt. Die Figuren bleiben für meinen Geschmack zu schematisch. Ihre Motive, Emotionen und Beziehungen werden zwar angerissen, aber selten vertieft. Für ein Jugendbuch wäre das vielleicht noch stimmig in einem Fantasyroman für Erwachsene wünsche ich mir jedoch mehr Charaktertiefe und mehr emotionale Glaubwürdigkeit. Viele Figuren wirken eher wie Rollen als wie Menschen: funktional für den Plot, aber nicht wirklich greifbar.
Am stärksten fällt das beim Protagonisten Adam ins Gewicht. Ich bin mit ihm leider nicht wirklich warm geworden. Seine Entscheidungen sind oft schwer nachvollziehbar etwa, wie schnell und bedingungslos er seine Ersatzfamilie verdächtigt, oder wie unkritisch er sich neuen Allianzen anschließt. Seine Loyalität scheint beliebig, seine Risikobereitschaft wirkt weniger heldenhaft als schlicht unüberlegt. Möglicherweise hängt mein Unbehagen auch mit dem Humor zusammen, der gerade in den Dialogen immer wieder aufblitzt, meinen Geschmack aber nicht wirklich trifft. Was vielleicht charmant oder schlagfertig gemeint ist, wirkt auf mich eher flapsig was wiederum die Ernsthaftigkeit mancher Situation untergräbt und meiner Verbindung zu den Figuren im Weg steht.
Trotz dieser Kritik habe ich das Buch gern gelesen. Es besitzt eine ganz eigene erzählerische Energie und hebt sich damit von der Masse und dem Mainstream ab. Es ist spannend, geheimnisvoll, voller Ideen und Andeutungen, die zum Weiterspekulieren einladen. Der Abschluss des ersten Bandes hat für mich eine zufriedenstellende Zäsur geschaffen es ist kein harter Cliffhanger, aber doch ein Punkt, an dem man spürt, dass die Geschichte nun richtig in Gang kommt. Die Hinweise verdichten sich, eine Richtung wird greifbar, und viele lose Fäden versprechen, im zweiten Band weiterverfolgt zu werden.
Die Buchreisenden ist ein atmosphärisch starkes, ideenreiches Fantasyabenteuer, das seine grösste Stärke im Setting und der magischen Tiefe seiner Welt entfaltet. Der Plot ist rasant und unterhaltsam, der Stil lebendig. Wer Wert auf glaubhafte Figurenentwicklung und emotionale Tiefe legt, wird hier etwas vermissen doch wer sich gern in fantastischen Welten verliert, wird viele bezaubernde Stunden zwischen den Seiten verbringen.
Ich bedanke mich beim Lübbe Verlag für das Rezensionsexemplar und beim Autor für die Diskussion. Meine Meinung bleibt natürlich und wie immer trotzdem meine eigene.