LESEPROBE:
. . . Es begann mit Strümpfen. Gerdas Modell, die Schauspielerin Anna Larssen, hatte angerufen und mitgeteilt, dass sie sich verspäten würde und schlug neckisch vor, doch Gerdas Ehemann Einar für das Porträt einspringen zu lassen. Immerhin waren seine Beine denen von Anna ebenbürtig. »Das perfekte Damenmodell! «, rief Gerda, als sie sah, wie sich Einar verwandelte. Doch in wen? »Wie gefällt dir Lili? «, schlug Anna vor, als sie endlich eintraf. »Ein besonders schöner, musikalischer Name. «
Ob sich das Ganze wirklich so zugetragen hat oder später einfach so im Sinne der Legendenbildung erzählt wurde, lässt sich heute nicht mehr sagen. Sicher ist, dass Einar Wegener ein 1882 in Kopenhagen geborener und ausgebildeter Künstler und das dänische Mädchen aus dem Film The Danish Girl (2015) mit Eddie Redmayne in der Hauptrolle die Geburt von Lili Elbe (benannt nach dem Fluss) auf diesen Tag datieren. In den Jahren danach präsentierte sich Einar auf Porträts und Partys als Lili. Kaum jemand wusste, dass Gerdas verführerisches, dunkeläugiges Modell in Wahrheit ihr Ehemann in Frauenkleidern war. Das Paar verließ Kopenhagen, um nicht aufzufliegen, und ließ sich 1912 in Paris nieder. Dort stellte sich Lili als Gerdas Schwester vor. Was als Spiel begonnen hatte, wurde bitterer Ernst: Die Persona, die Einar fortan als »die Frau in diesem Körper« betrachtete, gewann die Oberhand. Er suchte Ärzte auf, die sagten, er sei verrückt oder homosexuell, was ihn mehr beunruhigte. Mit Ende vierzig war er verzweifelt. Bis zum Jahresende, so beschloss er, würde er entweder einen Weg finden, Lilis Existenz Beständigkeit zu verschaffen oder Einars Existenz beenden.
Das Jahr war fast um, als Lili ein Rettungsanker zugeworfen wurde. Im Februar 1930 besuchte Einar das Institut für Sexualwissenschaft in Berlin, wo er sich mit Gründer Magnus Hirschfeld beriet. Das Institut verband Forschung mit praktischen Dienstleistungen wie der Behandlung von Geschlechtskrankheiten, Impotenz und Unfruchtbarkeit. Außerdem hatte es ein Archiv wie kein anderes. In seinen Memoiren über das Berlin der Weimarer Republik erinnert sich Christopher Isherwood an die »Peitschen, Ketten und Folterinstrumente für die Sadomasochisten; hochhackige, kunstvoll verzierte Stiefel für die Fetischisten und die spitzenbesetzte . . . «.
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