Mit dem Begriff des tragischen Charakters beschreibt Léon Wurmser, wie Menschen infolge existenzieller Traumatisierungen ihr Erleben und Denken absolut setzen, um die eigene Verletzlichkeit zu verbergen. Anhand detaillierter Fallbeispiele aus seiner psychoanalytischen Praxis beschreibt er die konflikthaften Verstrickungen, die das Leben und die Beziehungen der Betroffenen beherrschen, und die Herausforderungen, die sich daraus für die psychotherapeutische Behandlung ergeben. Wurmser vertritt in seinen Analysen konsequent den psychoanalytischen Grundsatz von der umfassenden Bedeutung der Konflikte in unser aller Leben, in Gesellschaft und Kultur. Dies bedeutet für ihn jedoch nicht, dass alle Konflikte und Verstrickungen des tragischen Menschen prinzipiell unlösbar sind: Traumata sind zwar unauslöschlich, nicht aber notwendigerweise die traumatischen Folgeprozesse.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Teil I »Das Auge ist s, was die Taten verwandelt. Das neugeborene Auge verwandelt die alte Tat« Psychoanalytische Beobachtungen von Narzissmus und Masochismus bei schweren Beziehungstraumata
Teil II: Allgemeinere Betrachtungen: Das Verstehen der Seele in der tragischen Weltsicht
Teil I »Das Auge ist s, was die Taten verwandelt. Das neugeborene Auge verwandelt die alte Tat«
Psychoanalytische Beobachtungen von Narzissmus und Masochismus bei schweren Beziehungstraumata
1 Einfu hrung
Tragischer Charakter und die verheerende Macht der Absolutheit
1. 1 Ein bestimmter Charaktertyp
1. 2 Pathologische Eifersucht, Ungerechtigkeitsgefu hl und »klaffender Mangel«
1. 3 Eifersucht und das Problem des ausschließlichen Besitzens des Anderen
1. 4 Der innere Konflikt in der Liebe
1. 5 Selbstbehauptung und Aggression
1. 6 Die Konflikte im Über-Ich
1. 7 Die unheilbare Wunde
1. 8 Die »Wunde« als Repräsentation des Traumas
1. 9 Narzissmus, Masochismus und das Tragische
1. 10 Warum spricht uns das Tragische in der Kunst so an?
1. 11 Das Antitragische
1. 12 Zusammenfassung
2 Triumph durch Niederlage
Der Zwang zu enttäuschen und die Verleugnung der Zeit
2. 1 Theoretischer Hintergrund
2. 2 »Das ginge, aber das geht nicht«
2. 3 Zur Gegenu bertragung
2. 4 Vampir-Fantasie: »Ich will dein Blut saugen«
2. 5 »Doublebind-Mitteilungen« und widerspru chliche Identifizierungen
2. 6 »Doublebind«- und Loyalitätskonflikte als Teil der Familiendynamik
2. 7 Der gefährliche Stier
2. 8 Zur Frage des Neides und der verdrängten Sexualfantasien
2. 9 »Hilf mir, aber hilf mir nicht! «
2. 10 Allmacht der Verantwortlichkeit und die tragische Schuld
2. 11 Beziehungstrauma und die Doppeldeutigkeit der Übertragung
2. 12 Zuspitzung und Reflektieren u ber die Gegenu bertragung
2. 13 Peripetie
2. 14 Der Zwang, zu spät zu sein: Zur Pathologie des Zeiterlebens
2. 15 Eine allgemeinere Reflektion: Zeitstillstand und Abbrechen der Zeit
2. 16 Ihr Lebensthema: Urteilen statt Verstehen
2. 17 Die Macht der Negativität
2. 18 Die Sexualisierung des Traumas
2. 19 Einige abschließende technische Erwägungen
3 »Gib dein Herz dir selbst zuru ck«
Ressentiment und Verzeihung
3. 1 Das böse Auge und das leuchtende Antlitz
3. 2 Verdrängter Neid und Ahndung durch das Über-Ich
3. 3 Der penetrierende Blick
3. 4 Das Auge des Schmerzes, das Beziehung und Identität bestätigt
3. 5 »[D]es Ich s Widerspruch und Wirrsal«
3. 6 »Sag, es tut dir leid« Zur Dynamik der Versöhnlichkeit
3. 7 »Ich sehe mich in deinen Augen«
4 Das Aufheben der Grenzen
Zum Konzept der Charakterperversion
4. 1 Theoretische und technische Fragestellungen
4. 2 Die klinische Problemstellung: Ichspaltung und zerbrochene Wirklichkeit
4. 3 Doppelte Wirklichkeit durch Verleugnung
4. 4 Die durch Lu gen geschaffene doppelte Wirklichkeit
4. 5 Doppelte Wirklichkeit und Doppelleben
4. 6 Verleugnung der Grenzen
4. 7 Verleugnung und Charakterperversion
4. 8 Die Merkmale der Charakterperversion
4. 9 »Ein bedeutendes Stu ck fehlt« Technische Probleme bei einem besonders schwierigen Fall
5 Agieren und Gegenagieren
Über-Ich-Probleme in der Behandlung des tragischen Charakters
5. 1 Getrenntheit und Verbundenheit Dialektik und Dialog
5. 2 Das Problem der sadomasochistischen Übertragung
5. 3 Verrat als masochistische Provokation
5. 4 Zwei Systeme der Selbstwertregulation
5. 5 Das gefu hllose Monster und das verpackte Gegenu ber
5. 6 Das Suchen nach magischer Verwandlung in der Übertragung
5. 7 Blutritual und magische Verwandlung Doppeltes Selbst und das Schneideritual als magische Bru cke
5. 8 Das Heilende im Erkennen und im Erkanntwerden
5. 9 Musik als Schutz gegen traumatogene Affekte
5. 10 Der Fluch der Vollkommenheitsfantasie und die Angst vor Grenzen
Teil II Allgemeinere Betrachtungen
Das Verstehen der Seele in der tragischen Weltsicht
Prolog zu Teil II
Das Tragische als Wertverabsolutierung und Verleugnung in der Kultur
6 Ru ckblick eines Psychoanalytikers
auf Wesen und Struktur der Seele in der westlichen Geistesgeschichte
6. 1 Konflikt als fundierendes Konzept des psychoanalytischen Seelenverständnisses
6. 2 Komplementarität und Dialektik
6. 3 Der innere Richter
6. 4 »Der äußerste Konflikt« in Platons Bild der Seele und Aristoteles Begriff der Entelechie
6. 5 Das Wesen des Tragischen
7 Mythos, Mystik und Midrasch
7. 1 Das mythische Denken
7. 2 Die Welt des Midrasch
7. 3 Was ist Mystik?
7. 4 Mystik und Psychoanalyse
7. 5 Ein dialektisches Verständnis der Mystik
7. 6 Gedanken eines Psychoanalytikers zur ju dischen Mystik
7. 7 Vertiefte psychoanalytische Erwägungen zur Mystik im Allgemeinen
8 Die Vernunft der Unvernunft
Betrachtungen eines Psychoanalytikers zu Don Quijote
8. 1 Ein Buch verhu llter Rebellion
8. 2 Wahrheit, Trug und Wahn
8. 3 Trauma und der Zwang, es zu wiederholen
8. 4 Juden und Conversos
8. 5 Der dreifache Kampf gegen Machtmissbrauch
8. 6 Idealisierung der Keuschheit und Sexualabwehr ad absurdum gefu hrt
8. 7 »Wer dich sehr liebt, macht dich weinen [Ése te quiere bien, que te hace llorar]«
8. 8 »Ich weiß, wer ich bin [Yo sé quién soy]«
8. 9 Doppelte Identität, zerbrochene Wirklichkeit
8. 10 Scham, Ehre und Grandiosität
8. 11 Visio mystica
8. 12 Schlussgedanken Die tragische im Konflikt mit der komischen Dimension
9 »Die Liebe ist höher als das Sein, die Liebe ist die Krone des Seins«
Die tragische Doppelheit des Menschen bei Dostojewski
9. 1 Psychologische Erwägungen
9. 2 »Kristallpalast« und »das lebendige Leben« Betrachtungen zu den Aufzeichnungen aus dem Untergrund und dem Spieler
9. 3 Die Zwanghaftigkeit und der Kampf Raskolnikows gegen die Scham
9. 4 Psychologische Bemerkungen zu den Dämonen
9. 5 Betrachtungen zum Leben Dostojewskis
9. 6 Das Wesensbild
9. 7 Eine u bergreifende Antithese
9. 8 Der Idiot (1956)
9. 9 Der Ju ngling Die Spaltung der Identität
9. 10 Die Bru der Karamasow Das Ungerechtigkeitsgefu hl und das große Verzeihen
10 Psychoanalytische Betrachtungen zum 11. September, Terrorismus und genozidalen Vorurteil
Ihre Wurzeln und Folgen
10. 1 Was ist Terrorismus?
10. 2 Wie verstehen wir die Auswirkungen des Terrors auf seine Opfer und wie behandeln wir diese?
10. 3 Was sind die Ziele des Terrors und die Motivationen von Terroristen?
10. 4 Was ist die Scham- und Schulddynamik und worin besteht die Rolle des Über-Ichs im Terrorismus?
10. 5 Was wissen wir u ber den kulturellen Hintergrund?
10. 6 Was trägt die Philosophie zu den Reflexionen u ber den 11. September bei?
10. 7 Psychoanalytische Schlussfolgerungen
Literatur