Die Publikation beschäftigt sich aus einer kommunikationswissenschaftlichen Perspektive mit dem deutschen Kinospielfilm und fragt kritisch, was mit einem Massenmedium passiert, wenn es umfassenden öffentlichen Fördermaßnahmen unterliegt. Wie beeinflusst die Architektur der Filmförderung das heimische Filmschaffen und was heißt das für den filmischen Diskurs? Wie steht es also um das Verhältnis von Kinospielfilmen und gesellschaftlichen Strukturen in Deutschland? Zur Beantwortung dieser Fragen stützt sich die zweiteilige Untersuchung auf Schimanks Ansatz der Akteur-Struktur-Dynamiken und die Diskurstheorie und Diskursanalyse in der Tradition Foucaults. Materialbasis sind knapp 100 Experteninterviews mit Vertreterinnen und Vertretern aller für die Entstehung von Kinospielfilmen als zentral erachteten Akteure (Drehbuch, Regie, Produktion, Verleih und Vertrieb, Kinoabspiel, Filmfestivals, Filmförderung, Fernsehen), 40 kommerziell oder künstlerisch erfolgreiche deutsche Kinospielfilmproduktionen aus den Jahren 2012 bis 2020 sowie eine Vielzahl begleitender Dokumente. Argumentiert wird, dass das deutsche Filmschaffen auch eine politische Dimension besitzt und Hierarchien ausdrückt, die über ökonomische Parameter hinausgehen und autonomes Handeln begrenzen. Die filmischen Wirklichkeitskonstruktionen wiederum sind in der Folge mehrheitlich von Deutungsangeboten bestimmt, die in einem eng abgesteckten Rahmen verharren und so herrschende Wissensstrukturen meist nicht untergraben.
Inhaltsverzeichnis
1. Erkenntnisinteresse: Bewegte Bilder ohne Belang?
1. 1 Problemstellung und Forschungsfragen
1. 2 Den Film für die Kommunikationswissenschaft zugänglich machen
2. Theorie und Untersuchungsdesign
2. 1 Macht-Wissens-Konstellationen im deutschen Kinospielfilm
2. 2 Analyseperspektiven und Kategoriensysteme
2. 3 Material: Experteninterviews, Filmprotokolle, Dokumente
3. Ergebnisse
3. 1 Akteur-Struktur-Dynamiken im Entstehungsprozess deutscher Kinospielfilme
Der Ursprung der filmischen Aussagenentstehung: Drehbuch, Regie, Produktion
Die Macht von Distribution und Verwertung
Die Pflicht zur Interaktion mit dem Filmfördersystem
Wer die Film-Kommunikatoren sind und was sie mitbringen
Die Maxime von Wirtschaftlichkeit und Gewinnsteigerung
(Öffentlich-rechtliche) Sendetauglichkeit erforderlich
Die Priorität der Filmförderung: Erfolgswahrscheinlichkeit, Relevanz, Konsensfähigkeit
Gegengewicht Filmfestivals?
Berufsideologie der Film-Kommunikatoren
Strategisches Handeln und vermeintliche Autonomie
Was sich trotzdem ändern solle
3. 2 Wirklichkeitskonstruktion deutscher Kinospielfilme
Soziales Leben im Film
Familie, Freundschaft und Liebe: Wo das Glück am größten ist
Arbeit und Wirtschaft: Gemeinwohlorientierung statt Profitmaximierung
Eine im Großen und Ganzen funktionierende Gesellschaft
Politik und Geschichte: Strukturen hinterfragen, besser in der Vergangenheit
Film-Personal und die Anordnung der Sprecherinnen und Sprecher
Geschlecht bzw. Gender: weibliche Identität, neue Männlichkeit und Queer-Sein
Lebensalter: die immerwährende Frage nach dem Platz in der Welt
Privilegierte Blickwinkel, im Glauben an das Gute im Menschen
Krankheit und Behinderung: Betroffene in die Mitte der Gesellschaft
Die verstärkende Wirkung von Erzählkonventionen
Bildung und Erziehung: Chancengleichheit, Partizipation und die Fürsorge des Staates
Gestalterische Legitimationsstrategien
Flucht und Migration: das Gebot der Humanität und Selbstbestimmung
Die Nähe zum Machtdiskurs und Grenzen der Diversität9
4. Fazit
5. Literatur- und Quellenverzeichnis
5. 1 Literatur
5. 2 Experteninterviews
5. 3 Film-Material
6. Filmindex
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