Als der Geographieprofessor Friedrich Simony vor 150 Jahren federführend bei der ersten Ausgabe mitwirkte, war vielleicht noch nicht absehbar, dass dieses Alpenvereinsjahrbuch so beständig sein würde. Waren es in den ersten Jahrzehnten noch viele Berichte von Bergfahrten, die Mitglieder des Alpenvereins im Jahrbuch schilderten, so sind es heute ganz andere Themen.
Neben dem Hauptthema der 150. Ausgabe über den Großvenediger in den Hohen Tauern, dem 50 der 256 Seiten gewidmet sind, befassen sich die Kapitel mit folgenden Themen. BergFokus mit dem Wandel des Bergsteigens. Im Kapitel BergMenschen werden Persönlichkeiten von einst und jetzt vorgestellt: Hüttenwirtin Heidi Wettstein, Felix Liebeskind und Walter Mair. Das Kapitel BergSteigen widmet sich auf 56 Seiten Sicherheitsthemen, dem Sexismus in den Bergen, der Geschichte des Bergstocks, dem Thema Eigenverantwortung u. a. BergWissen bringt ganz unterschiedliche Themen wie Menschen und ihre strapaziöse Liebe zur Natur, den Klimaschutz im Deutschen Alpenverein, die Landshuter Hütte und eine nächtliche Sternenhimmel-Fototour im eindrucksvollen Bildern. BergKultur schließlich blickt auf die letzten 25 Ausgaben des Alpenvereinsbuchs und dessen Wandlung zurück, geht der Frage nach, wer Angst vor wem hat: Der Wolf vor dem Menschen oder umgekehrt sowie das Thema der Lehre des Sass Pordoi. Das letzte Thema kann ich im Gesamtzusammenhang des Buches nicht einordnen: Drei Geschichten, die von einer künstlichen Intelligenz nach Vorgaben erstellt wurden. Eigenartig. Zum Ende des Buches werden die 26 Autoren der Beiträge kurz vorgestellt.
Noch ein Blick auf das Hauptthema des Buches, die Seiten über den Großvenediger. Es wurde gewählt, weil der große Erforscher der österreichischen Bergwelt, insbesondere des Dachsteingebirges, Prof. Simony in der ersten Ausgabe des Alpenvereinsjahrbuches 32 eng bedruckte Textseiten mit dem Titel Aus der Venedigergruppe publizierte. Gezeigt wird Simonys Aquarell der Gipfelwechte auf dem Großvenediger aus dem Jahr 1856, Franz Pachers naive Darstellung der Menschenkette bei der Erstbesteigung des Gipfels 1841, ein Photochromdruck der Johannishütte um 1900. In einem Beitrag erzählen zwei Bergführer aus ihrem Leben mit dem Großvenediger. Ein weiteres Thema beschäftigt sich damit, wie man das Wasser und die Gletscher nützen kann, ohne sie zu berühren. Besonders interessant finde ich das Thema über die Alpen-Sherpas, die Hüttenträger im Gebiet des Großvenedigers. Unglaublich, welche Lasten bis zu 85 kg diese Männer gegen geringes Entgelt auf ihren Rücken transportierten. Mir schon bekannt gewesen, aber in diesem Buch nochmals sehr gut aufbereitet, die sogenannte Krimmler Judenflucht über den Krimmler Tauern im Sommer 1947.
Bei der Jubiläumsausgabe ist auch die Alpenvereinskarte Venedigergruppe (1:25.000) beiliegend.
Insgesamt betrachtet ist es eine inhaltlich sehr gut gestaltete Ausgabe, die mit zahlreichen guten Bildern die Beiträge ergänzen. Es ist mein erstes Alpenvereinsbuch, das ich gelesen habe und bin sehr beeindruckt.