Seán Hewitts Öffnet sich der Himmel ist kein Buch, das mich wegen seines Themas normalerweise interessierte, um genauer zu sein schrie nichts an diesem Buch: "Das könnte interessant sein" - bis auf den Umstand, dass der Autor diverse Preise einheimste und schon auf den ersten Seiten der Geschichte bewies, dass er außerordentlich gut mit Sprache umgehen kann.
Die Geschichte handelt von James, der eine Erfahrung macht, die viele junge Insulaner aus ländlichen Gegenden machen: Da sein bisheriges Leben eher mau verlief, will er weit weg von seinen Wurzeln ein neues Leben führen, quasi abenteuerlich bzw. echt sein. Dann jedoch tritt Luke in sein Leben, den man genau wegen der auf dem Land weniger vorhandenen Versuchungen dorthin geschickt hat und in ihn verliebt James sich, nicht ahnend, wie diese Liebe ihn und seinen Lebensweg verändern wird.
Mehr sei zur Handlung gar nicht gesagt, weil sie zumindest gefühlt nachrangig ist. Hier geht es um Gefühle und um darum, diese in Sprache zu kleiden. Erzählt wird aus James Perspektive, der sich 20 Jahre nach den Geschehnissen an sie erinnert. Was die Geschehnisse sind, ist eigentlich schnell gesagt: Jungsein; erste Liebe; der Wunsch, geliebt zu werden; Gefühlschaos; Abschottung von den Eltern und der gewohnten Umgebung all das gesteigert durch die Tatsache, dass James schwul ist und das in einem konservativen kleinen Dorf, wegen seiner Andersartigkeit (und dabei geht es auch darum, dass er ein Träumer, ein Romantiker ist) wie man heute sagen würde gemobbt. Man kann sich nur zu gut ausmalen, wie einsam man sich da fühlen dürfte. Genau diese Gefühle transportiert der Autor mit nahezu traumwandlerischer Sicherheit durch seine poetische, nicht aber theatralische Sprache und Beschreibungen (wirbelnde Jahre, wie James in "sein" Dorf fährt, welche Überlegungen er anstellt, wie etwa dass seine Familie ohne ihn besser dran wäre), nimmt seine Leser dabei mit und machte mich richtiggehend melancholisch, weil ich das nachfühlen konnte. Selbst wenn ich mitnichten verstehe, wie man sich als schwuler Jugendlicher fühlen mag, Hewitt trifft einen Nerv vermutlich bei jedem und jeder, die in ihrer Jugend aus welchen Gründen auch immer Ausgrenzung erfahren haben. Dass der Schreibstil eines Autors mich auf subtile Weise so mitgenommen hat, dass mir die mich überhaupt nicht interessierende Handlung so nahegegangen ist, ist etwas Besonderes und mir so noch nicht untergekommen. Funktionieren wird das Buch m. E. aber nur bei Menschen, die sich für das Sujet interessieren oder äußerst sprachaffin sind.