Anatolij Kusnezow war 12 Jahre alt, als die Armee Hitlers 1941 in Kiew einmarschierte. Diese Besatzungszeit seiner Heimatstadt und der ihr folgende Umschwung gingen in ihm ein. Die traumatisierende Erinnerung an diese Jahre verließ ihn nie. Sie findet ihren Inbegriff in der »Weiberschlucht«, Babij Jar, die Schauplatz unvorstellbaren Grauens wurde. Für Kunezow wurde sie zum Zeichen des grenzenlosen Vernichtungswillen des Menschen und des Aberwitzes des Krieges. Als es ihm endlich gelungen war, seine Erlebnisse niederzuschreiben, erschien das Buch, von der Zensur völlig verstümmelt, 1966 in der Sowjetunion. Nicht zuletzt der Wille, sein Roman-Dokument unverfälscht zu veröffentlichen, führte zu seiner Flucht nach England. 1970 konnte Babij Jar im Westen auf Russisch in erweiteter Form erscheinen. Kusnezow hatte sowohl die zensierten Stellen als auch jene, die der inneren Zensur 1966 zum Opfer gefallen waren, wieder eingefügt und im Text kenntlich gemacht.
Christiane Körner lebt als Übersetzerin und Publizistin in Frankfurt am Main. Sie hat Autoren wie Lidia Ginsburg, Alissa Ganijewa, Wassili Grossman und Dmitri Prigow ins Deutsche übertragen. 2017 erhielt sie den Paul-Celan-Preis für ihr Gesamtwerk.
Bert Hoppe ist Historiker und forscht vor allem zur deutschen und sowjetischen Zeitgeschichte. Nach Büchern über die Nachkriegsgeschichte von Königsberg/Kaliningrad, zur Komintern und zum Holocaust in den besetzen sowjetischen Gebieten schreibt er derzeit eine Monografie über Kyjiw in den 1930er/40er Jahren.
Kateryna Mishchenko, geboren 1984 in Poltawa, ist Essayistin, Übersetzerin und Mitbegründerin des Verlags Medusa in Kyjiw. Sie arbeitete als Dolmetscherin im menschenrechtlichen Bereich und war Mitbegründerin der Zeitschrift für Literatur, Kunst und Gesellschaftskritik Prostory. Ihre Essays sind in Zeitschriften, Anthologien und als Buch erschienen: Ukrainische Nacht (2015) und Aus dem Nebel des Krieges: Die Gegenwart der Ukraine, herausgegeben von Katharina Raabe und Kateryna Mishchenko (2023).