Wow, was für eine spannende Geschichte über die gefährlichen Einsätze von Kampftauchern im Zweiten Weltkrieg!
Ich habe ja schon viele Sachbücher und historische Romane zum Zweiten Weltkrieg gelesen und dabei unterschiedliche (politische) Perspektiven und verschiedene Waffengattungen kennengelernt. Doch der, auf Tatsachen beruhende historische Roman rund um secondo capo Teseo Lombardo, einem Kampftaucher der italienischen Marine Regia Marina, der gemeinsam mit sottocapo Gennaro Squarcialupo auf dem, maiale (=Schwein) genannten, bemannten Torpedo SLC geritten ist, um im Hafen von Gibraltar feindliche (also unter britischer Flagge fahrende) Schiffe zu versenken, ist wohl eine besondere Geschichte.
Die Geschichte spielt auf zwei Ebenen, jene in den Jahren 1942/43 auf der Halbinsel Gibraltar, die ja nach wie vor eine britische Enklave in Spanien ist, und Jahrzehnte später, als der Ich-Erzähler, ein Journalist auf diese Geschichte stößt und Gennaro Squarcialupo in seiner Heimat Neapel ausfindig macht und interviewt.
Gennà, wie er von Teseo genannt worden ist, erzählt, wie die beiden im Hafen von Gibraltar Sprengladungen an den Schiffen anbringen und wie der verletzte Teseo am sapnischen Strand von Algeciras von der jungen spanischen Witwe Elena Arbuès, die eine Buchhandlung führt, gefunden und gerettet worden ist. Statt ihn den Behörden auszuliefern, lässt sie ihn, ohne Rücksicht auf ihre eigene Sicherheit, von den eigenen Kameraden abholen. Eine gefährlich Aktion, denn in Gibraltar wimmelt es nur so von Spionen und Doppelagenten.
Das muss Elena wenig später am eigenen Leib erfahren, als sie für Teseo, mit dem sich, zwischen seinen gefährlichen Einsätzen, eine zarte beinahe unmögliche Liebesbeziehung entspinnt, britische Schiffe im Hafen von Gibraltar lokalisiert, denn sie darf als Spanierin die Grenze überschreiten. Denn nicht nur die britische Marine verhaftet Spione, Doppelagenten und Saboteure, sondern auch die spanische Polizei, die mit Saboteuren allerdings gleich kurzen Prozess macht.
Meine Meinung:
Dieses höchst spannende Buch wird aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt. So erfahren wir Elenas Geschichte, deren Familie vor Franco aus Spannien geflüchtet ist und deren Ehemann von den Briten getötet worden, sowie einiges über die italienischen Kampftaucher, die 1942/43 noch an der Seite Hitler-Deutschlands gegen die Alliierten kämpften, was dann später zu einer Spaltung der ohnehin sehr kleinen Truppe geführt hat. Die einen wie Teseo schließen sich den Alliierten an, andere wie Gennaro nehmen lieber Repressalien in Kauf. Prinzipientreue gegen unehrenhaftes Verhalten. (S. 206). Doch auch die Briten wie zum Beispiel Kommissar Harry Compello kommen zu Wort.
Gleichzeitig bindet der Autor seine Recherchen zu diesem Stoff in die Geschichte ein. Wie er die kleine Buchhandlung Olterra in Venedig und damit Elena, Teseo und ihre Geschichte entdeckt hat. Und warum er aus dem Stoff lieber einen historischen Roman als einen Tatsachenbericht gemacht hat. So hat er Fakten, die er in Archiven recherchiert hat und einige Interviews mit Augenzeugen mit fiktiven Dialogen zu einem fesselnden historischen Roman verknüpft. Dennoch hätte ich diesen Teil des Romans lieber als Epilog gelesen, sowie mit der Erklärung was Fakt und was Fiktion ist, versehen.
Wie es für mich üblich ist, wenn mich ein Thema interessiert, beginne ich selbst zu recherchieren. Dabei bin ich auf den historischen Teseo, der mit Nachnamen Tesei hieß, gestoßen. Er hatte maßgeblichen Anteil an der Weiterentwicklung des SLC, das wegen seiner schweren Lenkbarkeit maiale, also Schwein genannt wurde. Tesei kam am 26. Juli 1941 bei einem Einsatz vor La Valetta/Malta ums Leben. Er wurde 22 Jahre alt. Zu seinem Gedenken heißt eine Spezialeinheit der italienischen Marine auch heute noch COMSUBIN Comando Raggruppamento Subacquei e Incursori Teseo Tesei. Diese Truppe besteht aus Tauchern, Kampfschwimmern und Kommandotruppen. Ihre Basis ist der Marinehafen von La Spezia.
Im Museo storico navale in Venedig sowie im Museo nazionale della scienza e della tecnologia Leonardo da Vinciin Mailand sind maiali zu sehen. Beim nächsten Aufenthalt in Venedig und/oder Mailand stehen beide Museen auf dem Programm, versprochen.
Die Charaktere überzeugen durchwegs. Die Kampftaucher sind Spezialisten, nicht ganz ohne Angst oder Zweifel.
Gut gefällt mir, dass Bücher und Buchhandlungen in dieser Geschichte eine sehr große Rolle spielen.
Fazit:
Dieser historische Roman, der auf wahren Ereignissen beruht, hat mit sehr gut gefallen. Ich konnte ihn nicht aus der Hand legen. Wer etwas über ungewöhnliche Einsätze abseits von Panzerschlachten des Zweiten Weltkriegs lesen möchte, ist hier genau richtig. Gerne gebe ich hier 5 Sterne und eine Leseempfehlung.