Mein Lese-Eindruck:
Der Untergang Pompejis im Sommer 79 n. Chr. ist nach wie vor eine der spektakulärsten Naturkatastrophen der Antike, und die Ausgrabungen in Pompeji zeigen wie eine Momentaufnahme das Leben in dieser Stadt. In dieses Leben nimmt Gabriel Zuchtriegel seine Leser mit und lässt sie tief eintauchen in die Machtstrukturen der Zeit.
Warum die Götter die Welt verließen? Die Menschen der Zeit waren verunsichert, weil die alten steinzeitlichen Götter in der komplexer gewordenen Welt nicht mehr funktionierten. Gleichzeitig fasste die Bewegung eines Wanderpredigers aus Galiläa allmählich Fuß, eine Bewegung, die schließlich das ganze Abendland erfasste. Um diese spirituelle Revolution zu verstehen, wendet sich Zuchtriegel den vielen Menschen auf der Schattenseite zu, den Armen und vor allem den Unfreien. Er steigt mit den Lesern herunter in die Bordelle, die Sklavenquartiere, in die kleinen Wohnungen und Werkstätten. Für die Menschen, die dort lebten und arbeiteten, war die Botschaft des Christentums geradezu revolutionär: vor Gott seien alle Menschen gleich.
Der Autor zeigt hier eine Umbruchsituation, die auch schon damals so empfunden wurde. Ausbruch und Zerstörung wurden als Apokalypse erlebt und förderten damit die Ausbreitung des Christentums.
Zuchtriegel belegt seine Ausführungen mit den Ausgrabungen der letzten Jahre; die dazugehörigen Fotos befinden sich im Bildteil. Wie in seinem 1. Buch schon holt er seine Leser ganz nah an die Antike herum. Er erzählt lebendig und anschaulich, und der Leser sieht die vorgestellten Menschen als Teil einer quirligen antiken Stadt. Der Blick auf die Schattenseiten einer Gesellschaft ist nicht immer erholsam, wenn z. B. das elende Leben eines Sklaven am Getreide-Mahlwerk deutlich wird. Trotzdem: Ein spannender Blickwinkel! Mit dieser Anschaulichkeit holt er die Archäologie aus ihrem Elfenbeinturm heraus und macht sie jedermann zugänglich.
Das Buch richtet sich daher nicht an den Fachmann, sondern an den historisch oder archäologisch interessierten Laien. Ein unterhaltsames und kurzweiliges Buch, ohne jedoch die wissenschaftliche Korrektheit zu vernachlässigen.
Ganz große Lese-Empfehlung!