Das Autoren-Duo Anette Strohmeyer und Eric Niemann entführt uns in das Hamburg der 1920er-Jahre. Es ist die Zeit kurz nach dem Ende des Großen Krieges, wie man den Ersten Weltkrieg damals genannt hat. Die Wirtschaft liegt darnieder, an Körper und Geist versehrte Soldaten betteln auf den Straßen, weil es weder Unterkünfte noch Sozialsystem gibt. Besonders schwer haben es jene Kriegsversehrte, die eine Gesichtsverletzung davongetragen haben und sich kaum in die Öffentlichkeit trauen. Man nennt sie Gueules Cassées, zerhauene Visagen". Einige engagierte Frauen fertigen Gesichtsmasken für diese Männer an, um ihnen ein wenig ihrer Würde zurückzugeben. Gleichzeitig leben einige wenige, wie der Reeder Alfred Möller auf großem Fuß. Seine Tochter Tessa treibt sich heimlich in Chinatown herum und lernt Li Lim kennen, der einen besonderen Auftrag hat.
Zahlreiche kleinere und größere Verbrechen halten die Polizei, wie den Ordnungspolizisten Peder Hansen in Atem, der zusätzlich noch den Mörder seines Bruders Claas sucht und ihn unter den Chinesen vermutet. Muss sich Peder mit einem Chinesen verbünden, um den Mörder seines Bruder zu entlarven?
Die Sucht nach Betäubung von Hunger und Schmerzen lassen den illegalen Opiumhandel blühen. Nicht immer sind er nur die Chinesen, die Nutzen daraus ziehen. Ohne Verbindungen zu Hamburger Kaufleuten könnte auch die Chinatown von St. Pauli nicht so florieren. So ist auch hier der Fall, das der Drahtzieher des groß angelegten Opiumschmuggels kein Chinese ist, sondern ein Verbrecher, der sich hinter einer Maske eines dieser Kriegsversehrten versteckt.
Dutzende Chinesen, die auf der Suche nach einem besseren Leben auf deutschen Schiffen angeheuert haben, sehen sich nach ihrer Ankunft in Hamburg der Hoffnung beraubt und leben wieder prekär. Nur ganz wenige Chinesen schaffen es, mit Wäschereien oder Imbissstuben Erfolg zu haben. Akzeptiert werden sie von den Hanseaten nicht, zumal sie als Drehscheibe des Opiumhandels und Bandenkämpfe gelten.
Meine Meinung:
Mir hat dieser historische Krimi im Hamburg der 1920er-Jahre sehr gut gefallen. Allerdings habe ich Ähnliches schon einmal gelesen. Selbst der Name des gejagten Phantoms Keyser, hat bei mir ein déjà vu hinterlassen. Es wird mir schon wieder einfallen, welcher Krimi (Krimi-Reihe) das war. Weshalb ich recht bald eine Idee hatte, wer hinter den Verbrechen steckt. Aber das behindert diese fesselnde Lektüre nicht im geringsten.
Dieser Krimi zeigt deutlich die Doppelmoral der Wohlhabenden. Der Reeder, der den Tod seiner Beschäftigten billigend in Kauf nimmt, nur um Profite zu machen, werden ebenso an den Pranger gestellt, wie korrupte Polizisten. Die einen halten die Hand auf, um Razzien zu verraten und andere, wie höhere Chargen lassen sich ihr Wohlwollen und Wegschauen durch weibliche Dienstleistungen bezahlen.
Um sich in der fesselnden Geschichte gut zurecht zu finden, gibt es zu Beginn ein Personenverzeichnis, das schon auf Grund der vielen chinesischen Namen eine große Hilfe ist.
Der Krimi ist flott geschrieben, so dass die knapp 450 Seiten nur so verfliegen. Hin und wieder wird das eine oder andere Klischee bemüht, was aber nicht weiter stört.
Fazit:
Gerne gebe ich diesem historischen Krimi, der mich sehr gut unterhalten hat, 5 Sterne und hoffe auf die angedeutete Fortsetzung.