Pagans entführt in ein alternatives England voller düsterer Atmosphäre, politischer Intrigen und mystischer Elemente. Schon der Einstieg zeigt, dass es kein Buch zum schnellen Nebenbei-Lesen ist. Man muss sich konzentrieren, Begriffe nachschlagen und sich Schritt für Schritt in diese komplexe Welt einfinden.
Die größte Stärke liegt für mich im originellen Setting: bekannte Strukturen wirken verkehrtherum, alte Religionen bestimmen den Alltag, Tattoos haben eine registrierte Bedeutung, und das Christentum tritt als unbekannte, neue Kraft auf. Auch der Kriminalfall ist spannend konstruiert und wird mit vielen cleveren Details erzählt. Besonders mochte ich die Ermittler Aedith und Drustan, die so gegensätzlich sind, dass ihre Dynamik oft für Humor sorgt und die Geschichte trägt.
Gleichzeitig habe ich aber auch einige Kritikpunkte. Trotz vieler interessanter Ansätze blieb das Worldbuilding an manchen Stellen zu oberflächlich erklärt. Ich hätte mir fast mehr Seiten gewünscht, um die politischen Verhältnisse und die gesellschaftliche Lage besser nachvollziehen zu können. Auch die Figuren blieben mir zu blass, vieles wurde nur angerissen (z. B. Aediths Sohn oder Drustans Vergangenheit), ohne dass es wirklich vertieft wurde. Dadurch fehlte mir die emotionale Bindung.
Beim Finale konnte das Buch für mich nicht ganz halten, was der komplexe Aufbau zuvor versprochen hat. Politische Intrigen wurden stark eingefädelt, aber die Auflösung über einen persönlichen Rachefeldzug wirkte eher austauschbar und hat die große Bühne wieder auf eine kleine, private Ebene geschrumpft. Das war schade, weil hier mehr Potenzial gelegen hätte.
Sprachlich hat mir das Buch gut gefallen: der sachliche Ton, kombiniert mit sarkastischen Kommentaren und trockenem Humor, macht den Stil einzigartig. Sobald ich einmal im Lesefluss war, ließ es sich auch gut lesen, nur der Weg dahin war manchmal mühsam.
Pagans ist ein ungewöhnlicher Mix aus Krimi, Fantasy und Politthriller, der mich nicht völlig fesseln konnte, aber durch Originalität und Atmosphäre im Gedächtnis bleibt. Wer Lust auf eine komplexe Welt mit Tiefgang hat und Geduld mitbringt, wird hier belohnt, wer eher geradlinige Krimis erwartet, könnte dagegen Schwierigkeiten haben.