Nachdem mich Hen Na E-Seltsame Bilder bereits nachhaltig beeindruckt hatte, war für mich klar, dass ich Uketsus neues Werk Hen Na Ie- Das seltsame Haus unbedingt lesen musste. Und tatsächlich: schon die ersten Seiten erinnerten mich a das, was ich an seinem Stil so schätze dieses subtile Unbehagen, das sich unmerklich zwischen die Zeilen schleicht. Doch während die Ausgangsidee faszinierend ist, verliert sich der Roman zunehmend in seiner eigenen Absurdität.
Der Aufbau ist ungewöhnlich und zugleich reizvoll: vier Episoden über architektonisch eigenartige Häuser, erzählt in Dialogform zwischen dem Erzähler, einem Architektenfreund und weiteren Figuren, die in die jeweiligen Mysterien verstrickt sind. Anfangs funktioniert diese Form hervorragend, weil sie den Eindruck eines echten Gesprächs über das Unbegreifliche vermittelt. Je weiter ich jedoch las, desto häufiger ertappte ich mich beim Stirnrunzeln nicht wegen der Gräuel, sondern wegen der Logik.
Die Figuren ziehen regelmäßig haarsträubende Schlüsse aus fast nichts und seltsam genug behalten jedes Mal recht. Aus einem winzigen Detail wird plötzlich eine voll ausgearbeitete Theorie, die das gesamte Rätsel erklärt. Das raubt der Geschichte leider viel von ihrem Reiz, denn anstatt gemeinsam mit den Protagonisten zu rätseln, beobachtet man nur, wie das Drehbuch seinen Lauf nimmt. Besonders schade ist, dass die Charaktere hier kaum Tiefe besitzen; sie wirken eher wie Sprachrohre, die uns durch den Plot führen sollen, als echte Menschen mit Ängsten und Zweifeln.
Was Uketsu allerdings weiterhin meisterhaft beherrscht, ist das Erzeugen einer Atmosphäre latenter Bedrohung. Seine Beschreibungen der Häuser mit ihren toten Winkeln, verborgenen Räumen und unmöglichen Grundrissen sind so plastisch, dass ich mehr als einmal das Bedürfnis hatte, meine eigenen Wände zu überprüfen. In diesen Momenten blitzt die Genialität auf, die Hen Na E-Seltsame Bilder so eindringlich gemacht hat.
Doch dann kommt die zweite Hälfte und mit ihr eine Wendung ins Okkulte, die mich eher ratlos zurückließ. Statt die psychologische Spannung zu steigern, driftet der Roman in überzogene Erklärungen und folkloristische Rituale ab. Der Horror wird nicht tiefer, sondern lauter. Ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Uketsu hier seiner eigenen Faszination für das Extreme erliegt.
Trotz allem blieb ich bis zur letzten Seite gefesselt. Uketsus Stil hat etwas Hypnotisches: selbst wenn ich innerlich mit dem Kopf schüttelte, wollte ich wissen, wie es endet. Vielleicht ist genau das seine größte Stärke er schreibt Geschichten, die einen nicht loslassen, selbst wenn man sie kritisch betrachtet.
Hen Na Ie- Das seltsame Haus ist letztlich ein widersprüchliches Buch: stilistisch fesselnd, atmosphärisch stark, aber erzählerisch unausgegoren. Wer Logik und psychologische Tiefe sucht, wird sich ärgern. Wer hingegen Freude an experimentellen Formen des Horrors hat, wird sich hier bestens gruseln und vielleicht sogar ein wenig in den Schatten zwischen den Wänden verlieren.
Fazit:
Ein spannendes, wenn auch überzogenes Horror-Mosaik über Architektur, Geheimnisse und menschliche Abgründe. Nicht so stimmig wie Hen Na E-Seltsame Bilder, aber dennoch ein Erlebnis vor allem für Leser, die sich gerne auf verstörende Gedankenspiele einlassen.