Maggie Stiefvater hat mit "Grand Hotel Avalon" erstmals ein Werk für ein erwachsenes Publikum geschrieben - und überzeugt wieder einmal mit einer Sprache, die Träume und Melancholie kunstvoll miteinander verwebt. Ihren bildhaften, visuellen Stil kennt man schon aus ihren Jugendbüchern, doch hier wirkt er reifer und ernster - und genau dieser Ton passt hervorragend zur Geschichte.
Im Zentrum steht das geheimnisvolle Grand Hotel Avalon, ein Ort, der zwischen Realität und Fantasie zu schweben scheint. Verschiedene Figuren suchen dort Zuflucht, ihre Wege verflechten sich nach und nach und das Hotel wird zum Spiegel ihrer inneren Konflikte und Sehnsüchte.
Beim Lesen habe ich mich teilweise in "Grand Budapest Hotel" von Wes Anderson zurückversetzt gefühlt - das exzentrische Setting, die leicht entrückte Atmosphäre und eigenwillige Figuren erinnern mich sehr stark an den Film.
Besonders beeindruckend fand ich, dass die Autorin es schafft, aus dem Hotel selbst einen Charakter zu formen: Es wirkt lebendig und trägt die Geschichte genauso mit wie die menschlichen Protagonisten. Diese wiederum sind keine klassischen Helden, sondern Menschen mit Fehlern, Ängsten und Sehnsüchten, die die Handlung vorantreiben und für emotionale Tiefe sorgen.
Nicht ganz so stark gelungen sind einige Nebenfiguren, die etwas zu blass bleiben und deren Handlungen gewisse Wendungen nicht ganz nachvollziehbar scheinen lassen. Auch das Tempo schwankt: Manche Passagen ziehen sich, und ein wenig mehr Substanz hätte der Handlung allgemein gutgetan.
Fazit:
"Grand Hotel Avalon" ist eine atmosphärisch dichte, poetische und eigenwillige Geschichte, in deren Bildwelten ich mich sehr gerne verloren habe. Ein Buch, das weniger mit seinem Tempo, sondern mit seiner Stimmung und seinen Charakteren glänzt - und damit lange nachhallt.