Von Carmen Korn habe ich bereits die Jahrhundert-Trilogie mit großer Begeisterung gelesen. Auch 'In den Scherben das Licht' hat mir gefallen, wenngleich es nicht ganz an die Trilogie herankam.
Auch dieser Roman spielt in Hamburg und erstreckt sich über einen Zeitraum von mehreren Jahren. Im Oktober 1946 begegnen wir den drei Protagonisten Giesela, Gert und Friede und begleiten sie bis Dezember 1955.
Neben den drei genannten Figuren treten noch diverse weitere auf, deren Schicksale die Autorin geschickt miteinander verknüpft. Gerade diese interessante Verflechtung der Figuren miteinander und wie sie nach und nach zu einer "Wahlfamilie" zusammenfinden, hat mir sehr gefallen, auch wenn nicht jeder Charakter mit gleich viel Tiefe erzählt wird. Glücklicherweise war es für mich kein Problem, den Überblick über die Figuren und ihre Beziehungen zueinander zu behalten. Ich kann mir aber vorstellen, dass das nicht für jeden einfach ist. Ein Personenverzeichnis wäre hilfreich gewesen.
Die Autorin hat eine außergewöhnliche Erzählweise: Die einzelnen Kapitel haben eine zeitliche Einordnung von Monat und Jahr und bestehen aus Abschnitten, in denen jeweils eine Momentaufnahme einer oder mehrerer Figuren erzählt wird. Manchmal liegen zwischen den Kapiteln nur ein Monat, manchmal aber auch ein Jahr.
Meiner Meinung nach gelingt es der Autorin trotz - oder vielleicht sogar wegen - dieser schnappschussartigen Erzählweise sehr gut, Atmosphäre aufzubauen. Gerade die ersten Kapitel der Nachkriegsjahre waren sehr bildhaft und nachfühlbar erzählt.
Ich empfand das Pacing allerdings als nicht ganz ausgewogen. Während die Geschichte in der Mitte eher langsam voran ging, reihten sich die Ereignisse gegen Ende Schlag auf Schlag aneinander. Das hätte etwas ausgewogener sein können. Die Begegnung auf der letzten Seite hat mich jedoch sehr gerührt und war für mich ein perfekter Abschluss.
Eine Kleinigkeit, die mich gestört hat, ist, dass Cover und Buchrücken leider nicht zur Gestaltung der anderen Bücher von Carmen Korn passen, obwohl sie im selben Verlag erschienen sind. Bei der Jahrhundert-Trilogie und der Drei-Städte-Diologie wurde auf ein passendes Design geachtet. Das hätte ich mir auch hier gewünscht.