Am 5. Juli 1996 wurde meine Tochter verrückt.
Mit diesen lapidaren Worten beginnt ein Buch, das sich dem bewegten Leser öffnet wie ein Glasglocke. Ein Buch eines Vaters, der einen verzweifelten Kampf um seine Tochter führt, die wahnsinnig geworden ist.
Seine Tochter Sally lief orientierungslos durch die Straßen Manhattans, versuchte Autos zu stoppen und sprach aufgeregt mit wildfremden Menschen. Sie hatte von einem Tag auf den anderen die Vision, sie könne die ganze Menschheit retten, wenn die Welt nur verstehen würde, dass alle Kinder Genies sind. Greenberg dachte zunächst, seine Tochter habe Drogen genommen, doch die Ärzte im Krankenhaus, wo er sie sofort hinbrachte, erklärten ihm , seine Tochter sei manisch-depressiv und müsse sofort in eine geschlossene psychiatrische Abteilung.
Greenberg besteht darauf, bei seiner Tochter zu sein, lässt sich nicht abweisen und zieht praktisch auf der Station ein, wo er die insgesamt vierwöchige Therapie genauestens protokolliert. Die Schilderung dieser Zeit in der Klinik waren für mich die bewegendsten Stellen des Buches, denn immer mehr Mitglieder der Patchwork-Familie des Autors tauchen mitfühlend und auch mitteilsam im Besucherraum auf. Die Psychiatrie wird sozusagen zu einer Art familientherapeutischem Zentrum. Ironisch spiegelt es der Autor, indem er einen Chassiden-Clan schildert, der sich ebenfalls im Besucherraum aufhält, einen heilig-wahnsinnigen Toraschüler bewundernd.
Greenberg selbst bewundert auch: die metaphorische Sprachkraft seiner Tochter, die Poesie ihres Wahns. Und indem er sich mit der Krankheit beschäftigt, entdeckt er viele historische Leidensgenossen: den US-Lyriker, Robert Lowell, die Tochter von James Joyce, Virginia Woolf, Robert Schumann....
Nach vier Wochen wird Sally entlassen, mit den allerstärksten Medikamenten, einem Verhaltensvertrag und mit der Diagnose
Bipolar I .
Nun beginnt eine schwere Zeit für die Angehörigen, die dabei fast selbst verrückt werden. Sally bleibt lange symptomfrei, erleidet aber auch zwei schwere Rückfälle. Heute ist sie 27 Jahre alt schon eine Veteranin vieler Kriege, wie ihr Vater sagt. Sie hat einen guten Highschool-Abschluß gemacht, lebt jetzt auf dem Land, arbeitet auf einer Farm und hat viele Freunde. Sie hat gelernt mit der Krankheit zu leben. Aber auch ihr Vater hat sich verändert:
Inzwischen habe ich gelernt, Sallys Leben so zu akzeptieren, wie es ist, nicht wie ich es mir für sie ausgemalt hatte.
Vorläufiges Ergebnis eines langen und leidvollen Prozesses, der in diesem Buch in bewegender Weise geschildert wird, und vielen von dieser Krankheit betroffenen Menschen und Familien Mut machen kann.
Wer sich informieren will über die Krankheit und Selbsthilfegruppen: www.dgbs.de