1
Nichts bedeutet irgendetwas,
das weiß ich seit Langem.
Deshalb lohnt es sich nicht, irgendetwas zu tun.
Das habe ich gerade herausgefunden.
2
Pierre Anthon verließ an dem Tag die Schule, als er herausfand, dass nichts etwas bedeutete und es sich deshalb nicht lohnte, irgendetwas zu tun. Wir anderen blieben.
Und auch wenn die Lehrer sich bemühten, rasch hinter ihm aufzuräumen - sowohl im Klassenzimmer als auch in unseren Köpfen -, so blieb doch ein bisschen von Pierre Anthon in uns hängen. Vielleicht kam deshalb alles so, wie es kam.
Die, die in den Maschen des Systems zurück bleiben, versuchen Pierre Anthons These zu widerlegen indem sie beginnen einen Berg aus Bedeutung zu erschaffen. Jeder von ihnen muss ein Pfand abgeben, etwas, das für ihn von Bedeutung ist, das das Nichts durch etwas ersetzt, und die Dinge werden von Mal zu Mal gewichtiger, absonderlicher, erschreckender.
Ich wusste worauf die Geschichte hinausläuft, hinauslaufen muss, und doch hat mich das Ende erschreckt, weil es so konsequent umgesetzt wurde.
Die Ich-Erzählerin berichtet faktisch, kühl. Sie lässt den Leser mit der Handlung alleine und auch am Ende steht man ganz alleine da, ist gefordert das Nichts selbstständig zu füllen.
Die reine Handlungsebene ist vorhersehbar und der Auslöser für das Geschehen eigentlich zu gering, zu banal, um die ganzen Auswirkungen nach sich zu ziehen. Und doch geht man mit, kauft Janne Teller ihre Geschichte ab, denn unter der Geschichte liegt noch etwas anderes, etwas das viel weiter reicht. Oder liegt darunter nichts?
Die Dinge, die die Kinder dem Nichts opfern, um mit aller Gewalt eine Bedeutung in ihrem Leben zu sehen, sind zu offensichtlich Gleichnishaft und trotzdem oder gerade deswegen so schwerwiegend? Die Kinder stehen jeder zu offensichtlich für eine geistige Gesinnung, aber sind sie nicht gerade deshalb so real? Das Ende ist unglaublich überzogen, aber spiegelt es nicht gerade deshalb die Wahrheit wieder?
Vielleicht ist das eine Geschichte, die ihren Sinn geschickt auf mehreren Handlungsebenen transportiert. Vielleicht ist das auch nur eine oberflächliche Geschichte unter der gar nicht zu finden ist. Aber wenn das so ist, so ist und bleibt das doch ein gutes Buch, denn es schafft etwas, das nicht viele Bücher schaffen. Es löst etwas aus, setzt etwas in Gang, bewegt etwas. Und das ist weit mehr als nichts.