Es gibt Stücke, die leiden an ihren Verfilmungen. Wer heutzutage in Endstation Sehnsucht geht, misst Stanley Kowalski sogleich an Marlon Brando, was es für einen Schauspieler nicht einfach macht, sich gegen ihn zu behaupten. Williams Stücke sind allesamt visuell, körperlich. Die Menschen schwitzen, die Menschen hassen, sie schlagen um sich. Sei es sprachlich, sei es, indem sie handgreiflich werden. Sie fallen wegen ihrer realistischen Darstellung und physischer Präsenz sogleich aus dem Rahmen. Bei Williams muss man sogleich Stellung beziehen. Mag man diesen Kowalski, man mag diese Blanche, diese Stella? Es fällt auf, dass wer sich für eine dieser Figuren zu begeistern vermag, die anderen nicht mag. Leser, wie Zuschauer beziehen Stellung. Etwas, was den meisten Autoren nicht gelingt. Williams schafft dies mit einer Leichtigkeit, weil er vom Leben abschreibt. Es ist nie die Frage, ob es einen solch brutal seine Männlichkeit ausspielenden Kowalski, eine so abstrus sich der Wirklichkeit entziehende Blanche überhaupt gibt. Die eigentliche Kraft zieht Endstation Sehnsucht aus dem Moment, dass Menschen sich aneinander aufreiben. Das mag im Leben eines Lesers oder Zuschauers weniger heftig sein, doch er kennt das Gefühl. Selten hat es einen Stücktitel geben, der so treffend ist. Selbst in der Endstation vermögen wir nicht, die Sehnsucht zu verbannen. Sie bleibt. Egal wie.