Der Hauptprotagonist Commandand Martin Servaz ist ein sehr sympathischer Ermittler, der mit seinem ausgeprägten Charakter überzeugt, dessen Schilderung auch eine sehr reale Bandbreite aufweist, von übermotivierten Alleingängen bis hin zu existentiellen Selbstzweifeln. Er ermittelt mit einem kleinen Team, die Mitglieder selbst sind wiederum kantige Charaktere, wenngleich der Verfasser bei diesen Nebenrollen vielleicht ein wenig überzeichnet hat, aber keineswegs störend oder überzogen. Sie sind dabei aber nicht idealisiert, sondern schießen m.E. eher in Richtung political correctness und multikulturell tolerant ein bisschen über das Ziel hinaus, aber wirklich nur ein bisschen ...
Die Szenerie, das Buch spielt in den französischen Pyrinäen, wird lebendig und plastisch geschildert Die dort (ich kenne die Gegend leider nicht) mutmaßlich herrschende Atmsophäre kommt in dem Buch sehr vorstellbar beim Leser an, das schafft der Autor aber ohne sich in langatmigen Beschreibungen zu verzetteln.
Die Handlung ist toll ausgedacht, verzwickt angelegt und nimmt immer wieder neue Wendungen, bis fast zum Ende bleibt dem Leser unklar, wie die Lösung aussehen könnte, super finde ich auch, dass eben nicht alles nach Drehbuch und mit Friede, Freude, Eierkuchen endet, sondern vielmehr ein paar Fragen offen bleiben, dies aber ganz bewusst vom Autor gewollt ist und absolut stimmig. Nicht umsonst lese ich inzwischen den Folgeband Kindertotenlieder .
Den Schreibstil von Bernard Minier mochte ich sehr. Die Dialoge sind lebendig, ungekünstelt und wirken sehr authentisch. Die Geschichte startet verhalten, verliert aber nachdem einmal Fahrt aufgenommen wurde, nie mehr an Spannung. Dabei wechseln sich Passagen in denen es eher äußerlich ruhig zu geht mit solchen ab, in denen auch richtig Action herrscht, hier gelingt dem Autor eine tolle Balance. Das Ausmaß, in dem der Leser an den Gedanken und Gefühlen der handelnden Personen teilhaben darf, ist in meinen Augen sehr gut gewählt, sodass man eine hohe Identifikation z.B. mit dem Ermittler Servaz beim Lesen erreicht.
In diesem Buch stimmt in meinen Augen nahezu alles. Man mag kaum glauben, dass es sich um einen Debutroman handelt. Es firmiert zwar als Psychothriller, für mich ist es aber eher ein spannend geschriebener Kriminalroman.
Es hat mir großes Vergnügen bereitet dieses Buch zu lesen und in die Geschichte einzutauchen; meiner Meinung nach bewegt sich dieser Thriller locker auf dem Level meiner schwedischen Lieglingsautoren, wer die Bücher von Arne Dahl mag, dem wird sicher auch Bernard Minier gefallen, für mich als Leser ein absoluter Volltreffer.