Von klein auf jemand, der sich viele Gedanken um andere macht u. selbst eher zurücksteht als einmal vortritt, rutscht die Autorin als Teenager in die Suchtspirale. Nach zwei krankheitsbedingt abgebrochenen Ausbildungen ist sie mit 23 Jahren Rentnerin. Ihr Körper kann, genau wie ihre Seele, nicht mehr.
In ihrer Autobiografie zeigt die Autorin, dass der Weg zurück in ein halbwegs normales Leben bei Weitem nicht so einfach ist, wie viele denken. Ihr Buch entstand aus einer Aufarbeitung von Tagebucheinträgen aus der Zeit des bisherigen Höhepunkts ihrer Krankheit. Durch die eindringliche u. offene Schilderung ihrer Geschichte verhilft sie dem Leser zu einem besseren Einblick in das krankhaft veränderte Denken Magersüchtiger. Oder lässt ihn begreifen, wie eigentlich harmlose und/oder gut gemeinte Bemerkungen von Betroffenen wahrgenommen werden.
Das Buch lässt sich trotz der Thematik überraschend leicht lesen. Dennoch verstört es, weil die Lösung einfach scheint, aber nicht ist. Es erschüttert, dass jemand hungernd den eigenen Tod in Kauf nimmt. Es wühlt auf, weil Schwarz sich nicht allem verschließt, sondern auch die Hilflosigkeit der Behandler fühlt u. wiedergibt. Es berührt, wie die Autorin ihr Leiden in Worte fasst. In der Schilderung mit Wortspielereien u. Gedichten, aber auch in Zeichnungen, offenbart sie sich als Mensch, den man am liebsten in die Arme schließen u. trösten u. gleichermaßen schütteln u. aufrütteln möchte. Sie zeigt sich kreativ u. liebenswert, aber auch aggressiv, uneinsichtig u. schwach. Sie pocht nicht auf einen Opferstatus. Sie weist nicht anderen die Schuld zu, sondern weiß, dass sie selbst für ihren augenblicklichen Zustand verantwortlich ist. Sie zeigt sich genau wie alle Anorektiker als überaus willensstark im Bezug auf ihre Krankheit u. schafft es dennoch irgendwie zu überleben.
Keine einfache (Lese-)Kost. Es ist ein aufwühlender Einblick in das Gefühlsleben der Autorin. In eine Krankheit, die vielfältige Auslöser hat u. die, sofern die Betroffenen keinen Ausweg finden, unaufhaltsam u. lebensbedrohlich verläuft. Die in die Isolation führt u. zunehmend um sich greift, weil junge Menschen unter dem Druck (des Lebens) zerbrechen. Ein Buch, das betroffenen Angehörigen u. Freunden weiterhelfen kann. Ein Buch, in dem sich vermutlich mehr als ein(e) betroffene(r) Magersüchtige(r) wiedererkennt.