Im Gegensatz zu vielen Sammlungen, die Sprichwörter lediglich auflisten und ihre Herkunft erklären, hat sich Walter Schmidt eine viel lebenspraktischere Aufgabe gestellt: Er untersucht 38 bekannte Sprichwörter auf ihren Wahrheitsgehalt hin. In sechs Hauptkapiteln mit griffigen Überschriften wie Erfolg und Scheitern oder Moral und Tugend arbeitet er heraus, dass manche Sprichwörter uneingeschränkt gelten, bei anderen die Herkunft vergessen ist und etliche schlicht falsch sind.
Der neugierige Leser lernt etwa, dass Kleinvieh wirklich Mist macht, etwa eine Legehenne rund 175 Gramm Frischkot täglich. Die bekannte Mahnung Morgenstund hat Gold im Mund entstand in Zeiten vorindustrieller Landwirtschaft, als Bauern die Tageshelligkeit sorgsam nutzen mussten. Aber auch im Zeitalter künstlicher Beleuchtung terrorisiert der Spruch weiterhin alle Nachteulen mit anderem Biorhythmus. Dass Indianer keinen Schmerz kennen, weisen diese selbst weit von sich offenbar hat Karl May ihnen diese Eigenschaft angehängt, der den Wilden Westen eher vom Hörensagen kannte. Sogar bildungsbürgerliche Zitate wie Nomen est omen scheinen eine sachliche Grundlage zu haben, da wir mit Vornamen allerlei Vorurteile verknüpfen. So hielten Lehrer allein aufgrund seines Namens einen Kevin für leistungsschwächer und verhaltensauffälliger als einen gediegenen Maximilian.
Schmidts Darstellung ist vergnüglich zu lesen und verknüpft Wissen aus vielen Fachgebieten. Wer einzelne Zusammenhänge noch genauer nachlesen möchte, findet im Literaturverzeichnis die Quellen.