Der Hinduismus ist viel interessanter als der Islam, mit dem sich z.Z. wegen des Getöses seiner Anhänger viele beschäftigen. Hindu fallen, mehr noch als Buddhisten, die ebenfalls nicht aufdringlich werden, durch bescheidene bzw. sich bescheidende Missionstätigkeit auf.
Es lohnt sich aber ein Blick in die unendliche Weisheit der Hindu, und ein guter Einstieg dazu ist die Bhagavad Gita, ein Ausschnitt der Mahabharata, einer religiösen Legende mit sagenhaften Gestalten und einer Grundstruktur ähnlich der Ilias und Odyssee Homers, welche ja ebenfalls mehr den Weg des Menschen (als Odyssee) denn eine Reise eines verstorbenen Griechen nach einem Krieg irgendwo in der Vergangenheit beschreiben.
Auch in der Bhagavad Gita geht es um einen Krieg, eine Auseinandersetzung als Grundlage tiefer Selbsterkenntnis, der stellvertretend für den Leser König Arjuna nachgeht, mit Hilfe des göttlichen Krishna, der so etwas wie den Draht zur höheren Erkenntnis, den Weg zu Gott bzw. Gott selbst im Dialog mit dem Menschen darstellt.
Zwei Bücher kann ich empfehlen. Erstens die BG des Bhaktivedanta Swami Prabhupada, die sehr aufrichtig nah am Text arbeitet und daher auch zum Sanskritstudium geeignet ist, indem das Original in Devanagari, deren Umschrift in unsere Buchstaben, danach eine Übersetzung (ins Englische) und schließlich ein erklärender Kommentar abgedruckt sind.
Zweitens das gleichnamige Buch von Dr. Ralph Skuban, welches für den westlichen Leser Kontext und Erklärung (und das Ganze auf deutsch) bietet. Während Bhaktivedanta Swami Prabhupada sich auf die BG beschränkt und allein dort Textanalyse betreibt, eröffnet Skuban den Blick in die Rahmengeschichte und den psychologischen Gehalt.
Es geht ja nicht um eine historische oder gar nur sagenhafte Schlacht, es geht um den Menschen, das Leben des Lesers. (Etwa so, wie Atreu in der "Unendlichen Geschichte" in einem Buch entdeckt, dass er persönlich gemeint ist und angesprochen wird, und dass genau das passiert, was er in diesem Buch gerade gelesen hat.)
Bei Skuban wird also herausgeschält, inwiefern der Mensch in Illusionen gehüllt und dadurch gefangen ist, und wie man laut BG da herausgelangt und sich befreit.
Von mir hier ungebührlich verkürzt: Die Illusion als Illusion entlarven, darauf vier Stufen nehmen, zuletzt: Tu, was ansteht - und das ohne Ego bzw. Selbstinteresse.
Die vier Stufen sind laut Krishna:
der klassische Sucher bzw. der Verzweifelte (Arjuna am Anfang, Prinz Hamlet, dem das Gewirr der Welt und Politik ein Rätsel aufgibt)
der Wahrheitssucher, der schon nach der Wirklichkeit hinter den vielen Täuschungen fischt, aber mit bloßem Wissen, mit bloßer Vorstellung nicht aus dem Vorstellungsraum herausfindet,
der Bittsteller oder Betende, der entdeckt hat, dass man durch Verbindung zur Schöpfung/Schöpfer als "Mitschöpfer" in dieser Welt mitgestalten kann,
der Weise, Zitat Skuban: "Er will nichts von Gott, außer ihn erfahren. Er ist nicht verzweifelt, hat keine intellektuellen Ambitionen und wünscht nicht mehr vom Leben, als er schon hat."
Skuban, der auch ein hervorragendes Buch über Patanjalis Yogasutra veröffentlicht hat, stellt Bezüge dahin und zum Tao Te King oder den Evangelien (inkl. Thomas-Evangelium) her, welche den Zugang erleichtern bzw. den Horizont erweitern.
Also fünf Sterne und eine klare Lektüreempfehlung!