Andreas Winter, von Haus aus Diplom-Pädagoge, hat schon diverse Bücher über Suchtproblematiken (Alkohol, Essen, Tabletten) geschrieben und folgt einer für mich sehr gut nachvollziehbaren Argumentation: Rauchen macht weder körperlich noch psychisch süchtig, sondern ist eine Konditionierung, die leicht durch eine weniger schädliche Ersatzhandlung ausgetauscht werden kann, wenn der Raucher die Gründe weiß, warum er raucht.
Die Konditionierung lautet: "Ich rauche - also bin ich erwachsen, mündig, selbstbestimmt und männlich." Es sind ausschließlich nur diese Gründe, warum der Raucher (und die Raucherin) raucht, und je eher man sich das selbst eingesteht, desto größer ist die Chance, sich die symbolische Wirkung einer Zigarette nicht mehr vom Rauchen zu holen, sondern von anderen Symbolen, wie zum Beispiel die Augen schließen, ein paar tiefe Atemzüge zu nehmen und für ein paar Minuten der Welt mit ihren Fremdbestimmungen nicht mehr zur Verfügung zu stehen.
Raucher brauchen also ein 'Alibi', um der Mitwelt ein paar Minuten einmal nicht zur Verfügung zu stehen. Raucher sind also Menschen, die sehr darauf achten, sich zugehörig zu fühlen und die diese Gruppenzugehörigkeit mit einer gemeinsamen Zigarette symbolischen Ausdruck verleihen. Jedes Mal, wenn man eine raucht, wird die Konditionierung "Ich fühle mich frei und selbstbestimmt und erwachsen" wieder aktiviert, und ein Gefühl der Erleichterung und Entspannung setzt ein. Andreas Winter glaubt außerdem daran, dass der Raucher nicht abstinent sein muss, sondern kontrolliert weiter rauchen kann, nachdem es im Kopf "klick" gemacht hat. Bis hierhin kann ich dem Psycho-Coach gut folgen.
Wie kann man dieser Konditionierung entkommen? Nach Andreas Winter einfach mit der Erkenntnis, dass es sich nur um eine Konditionierung handelt, man also keine körperlichen und seelischen Entzugserscheinungen hat, wenn man aufhört oder reduziert. Hier kann ich der Argumentation von Andreas Winter nicht mehr folgen. Ich bin selbst Raucher und rauche immer noch, obwohl ich die Erkenntnis habe, warum ich rauche. Vielleicht ist bei 5-10 Zigaretten am Tag der Leidensdruck bei mir nicht hoch genug, um aufzuhören? Vielleicht bin ich auch noch im unbewussten Widerstand und will mir immer noch beweisen, dass ich durch rauchen mündig, frei und erwachsen bin?
Wenn es ein Buch schafft, Menschen vom Rauchzwang zu befreien (was nicht unbedingt Abstinenz bedeuten muss), dann ist es dieses Buch.