Diese Buch ist nicht nur die beste Autobiographie, die ich je gelesen habe, sondern auch das beeindruckendste Buch zum Thema Widerstand im Nationalsozialismus, das ich kenne.
Zeugnisse von Kindern aus dieser Zeit sind ja ohnehin selten, v. a. von Kindern, die den Mut hatten, nicht mitzumachen. Stellen Sie sich vor, die ganze Schule marschiert auf dem Schulhof auf, alle Hände sind ausgestreckt - nur die eines kleinen Mädchens nicht. Wie mag sie sich wohl fühlen? Simone Liebster beschreibt ihre Gefühle und inneren Kämpfe sehr anschaulich. Ihr Bericht enthält sehr viele solcher Szenen, die einem nicht wieder aus dem Kopf gehen. (z. B. wie sie ihren Vater nicht wiedererkennt, als dieser aus dem KZ heimkehrt oder der Tag, an dem sie Hitler begegnet)
Sie beschreibt ihre Kindheit im Elsass mit ihren geliebten Eltern, die Abwendung vom Katholizismus und Hinwendung zu den Bibelforschern (erst ihre Mutter, dann sie, zum Schluss der Vater), die gefährliche Athmosphäre der Intoleranz, die näherkommende Gefahr der deutschen Besatzung, die Internierung der Eltern und ihre eigene Überführung in ein Heim für schwer erziehbare Kinder (das sich nur wenig von einem KZ unterschied), endlich die Freilassung und das zuerst schmerzliche Wiedersehen mit ihren Eltern, die Heirat mit dem jüdischen Ausschwitz-Überlebenden Max Liebster sowie in einem kurzen Abriss ihr weiteres Leben.
Das Buch ist absolut lesenswert, es hat mich nicht mehr losgelassen.
Besonders empfehle ich es Personen, die sich für die folgenden Themen interessieren:
- Kindheit im Dritten Reich
- wie man Kinder zur Zivilcourage anleiten kann
- Geschichte und Bewohner des Elass
- praktizierte Nächstenliebe (Beispiel der Mutter)
- Bewältigung traumatischer Erlebnisse
- Verfolgung von Zeugen Jehovas im Nationalsozialismus
Die beunruhigende Frage, die nach dem Lesen dieses Buches bleibt, ist:
Wenn ein 8-jähriges Mädchen diesem menschenverachtenden System widerstehen konnte, hätte es dann nicht jeder gekonnt??