Die Handlung dürfte bekannt sein: Zwei Fremde treffen sich in einem Zug und einer der beiden schlägt vor, er könne die Noch-Ehefrau des einen töten, wenn dieser dafür seinen Vater ermorde. Klingt nicht sonderlich spektakulär, ist aber einer der besten Psychothriller aller Zeiten. Es geht um das Böse, das in uns allen angelegt ist, um Selbstbetrug und den verzweifelten Versuch, sein Leben im Griff zu behalten, auch wenn man längst unabwendbar auf der abschüssigen Bahn ist. Viele werden die ausgezeichnete Verfilmung von Alfred Hitchcock kennen, manche vielleicht die herausragende Hörspielfassung mit Jens Wawrczeck in der Rolle des Charles Anthony Bruno. Beide Bearbeitungen sind natürlich toll, aber die Romanvorlage, in der Patricia Higshmith die Selbstsicherheit der Mittelschichtsmenschen demontiert und die grundlegende Frage stellt, wozu Menschen fähig sind, ist einfach noch mal eine Klasse für sich. Es ist kaum zu glauben, dass dies ihr Debüt war. Alles, was ihr Werk einmal auszeichnen sollte, ist bereits in diesem Erstling enthalten. Ein Buch, das ich als Jugendlicher gelesen und verschlungen habe, aber erst bei der erneuten Lektüre circa 40 Jahre später kann ich die Genialität erkennen und würdigen. Nur im Roman erkennt man die Hintergründe des Geschehens und die psychologische Tiefe, mit der insbesondere Charles Anthony Bruno gezeichnet wird. In Film und Hörspiel ist er irre, im Roman ein unsicherer, vom Leben und seinem Vater enttäuschter Alkoholiker. Wer die Geschichte also in all ihrer Komplexität erleben möchte, der muss zum Roman greifen. Kritik verdient lediglich die ebook-Fassung: Eigentlich alles gut, aber der Text wurde (wie bei Diogenes üblich) nicht an die Regeln der neuen deutschen Rechtschreibung angepasst, was meines Erachtens nicht mehr zeitgemäß ist. (Klar: Diogenes hat als Schweizer Verlag natürlich die neuen Rechtschreibregeln nicht umzusetzen, dennoch ist es störend). Zudem finden sich überall im Text hellgraue Zahlen in Klammern, die die Seitenzahl darstellen. Der Verlag fügt diese ein, damit auch die ebooks zitierbar sind, aber es stört den Lesefluss doch gewaltig. Das lässt sich zwar mit einer entsprechenden Software recht flott beheben, aber diese Arbeit sollte man als Kunde eigentlich nicht selber machen müssen. Wie wäre es denn damit, einfach zwei Fassungen zum Download anzubieten, nämlich einmal für Schulen und Wissenschaftler, also zitierbar, und einmal ohne die eingestreuten Seitenzahlen für die sonstigen Leser? Die fünf Sterne gibt es also nur für den Roman selber, das ebook hingegen kann (leider) nicht überzeugen.