Dieses besonders sanftmütige Buch von Rachel Joyce hat mich vollends überzeugt. Große Erwartungen standen im Raum, nachdem auch ich "Harold Fry" bereits kannte. Doch auch in diesem Buch ist es Rachel Joyce meisterhaft gelungen, mit den ganz sanften Tönen eine zauberhafte Geschichte zu schreiben. Ihr wunderschöner Schreibstil besticht durch liebevolle Beobachtungen, manchmal unbedeutend erscheinende Details, die das Gesamtbild jedoch umso harmonischer abrunden und wunderbar vielschichtig ausgearbeiteten Charakteren. Zu keinem Zeitpunkt kitschig, nie langweilig oder gar anspruchslos, dafür absolut glaubhaft.
"Perfect" ist nicht nur Titel der Geschichte, sondern auch der Name einer Operation, die Byron mit seinem besten Freund James verbindet. Die Geschichte wird in zwei unterschiedlichen Erzählsträngen erzählt, die zeitlich weit auseinanderliegen. Der Leser begleitet zum einen den jungen Byron 1972 und folgt Jim zum heutigen Zeitpunkt. Dass diese beiden Stränge irgendwann zu einem werden und wie die jeweiligen Hauptpersonen zueinander stehen, erfährt der Leser nur Stück für Stück und der Spannungsbogen wird so bis zuletzt gehalten.
Das Buch besticht durch einen kindlichen Charme, da große Teile dieses Werks aus Sicht des elfjährigen Byron geschrieben sind. Da auch die Figur Jim als zurückgeblieben und merkwürdig beschrieben wird, erhält der Leser auch hier einen eher kindlichen Blick auf die Dinge. Byron ist für mich der klassische Antiheld. Zum einen sehr jung, aber auch still und oftmals ängstlich, sucht er stets Rat bei seinem viel schlaueren Freund James, zumindest ist das Byrons Standpunkt. Als nach einem Unfall die Dinge aus dem Ruder laufen, planen die beiden in ihrer kindlichen Naivität, wie das Unglück wohl aufzuhalten sein und bürden sich selber so manches auf, was einfach nicht zu stemmen ist. Der Antiheld steckt ebenfalls in Jim, der nach langjähriger Behandlung in einer Psychiatrie langsam versucht, in ein "normales" Leben zurückzufinden.
Viel Liebe steckt auch in den Nebenrollen der Geschichte. Die vielen zwischenmenschlichen Beziehungen machen dieses Buch so besonders. Gepaart mit wunderschönen Beschreibungen, feinfühligen Tönen und Situationen, in denen man mit Byron und seinen Freunden mit lachen und weinen möchte, machen dieses Buch für mich zu etwas ganz Besonderem.