Das Thomas Mann-Handbuch der Herausgeber Andreas Blödorn und Friedhelm Marx folgt dem erfolgreichen Konzept der Reihe im Metzler Verlag über bedeutende Persönlichkeiten aus Literatur, Musik und Philosophie. Der Untertitel lautet "Leben - Werk - Wirkung". Bei diesem Band liegt der Schwerpunkt auf Werk und Wirkung. Die Nutzer des Handbuchs sollen mit der neuesten Forschung vertraut gemacht werden. Damit wollen die Herausgeber "Grundlagen für die Auseinandersetzung mit Manns Werk im 21. Jahrhundert legen". Allerdings geht diesem Werk das in der 3. Auflage erschienene Handbuch von Helmut Koopmann voraus. Dieses wollen die Herausgeber nicht ersetzen, sondern mit den teilweise widersprüchlichen neuen Positionen ergänzen.
Der Hauptteil ist wie folgt gegliedert:
I. Leben und Autorschaft
II. Werke
III. Kontexte, Bezüge und Einflüsse
IV. Konzeptionen, Denkfiguren, Schreibweisen
V. Neuere Forschungsansätze
VI. Rezeption und Wirkung
VII. Anhang (Zeittafel, Siglen, Autorinnen und Autoren, Werkregister, Personenregister)
Die biografische Skizze von Hermann Kurzke fesselt vom ersten Satz weg. Sie beginnt mit: "Thomas Mann war Raucher, das ist bekannt. Ein Trinker war er jedoch nicht, obgleich er ein Likörchen zum Nachtisch nicht verschmähte". Der lockere Stil überraschte mich (positiv).
Die Werksbesprechungen sind ausführlich und - wie im Vorwort angekündigt - forschungsbezogen. Zu allen Werken werden die Quellen, Hintergründe und Grundpsotionen der Forschung erläutert. Den Erzählungen - die wegen der Übergrösse der Romane oft zu kurz kommen - wird gebührender Raum gegeben.
In den Abschnitten III., IV. und V. werden Hintergründe und Kontexte erläutert: Judentum, Musik, Philosophie und Weimarer Klassik, um nur ein paar zu nennen. Das Werk wird nach Motiven wie Dekadenz, Ironie, Schuld und Rechtfertigung aufgeschlüsselt.
Trotz des breit gefächerten Programms vermisste ich einen Beitrag zur Thomas Mann-Gesellschaft, vielleicht aus zu großer Bescheidenheit der beiden Herausgeber, die Vizepräsidenten dieser Gesellschaft sind.
Ich vermisste auch einen eigenen Beitrag zur Thomas Mann Rezeption in der Schule.
Thomas Mann und sein Werk sind mit Geschichte, Politik und Kultur der ersten Hälfte des 20. Jhdts. eng verwoben. Es macht viele seiner Texte auch heute noch nahezu uneingeschränkt lesenswert. Thomas Mann ist einer der am meisten erforschten Schriftsteller des 20. Jhdts. Das vorliegende Thomas Mann-Handbuch bietet dazu reichlich Material und Denkanstöße.
Allerdings wendet es sich hauptsächlich an Leute, die mit Thomas Mann schon vertraut sind und sich einen Überblick über den neuesten Forschungsstand verschaffen wollen. Für sie ist dieses Handbuch unerläßlich.
Für Thomas Mann Einsteiger ist es weniger geeignet.