Das Leben selbst sucht sich für bestimmte Ereignisse die eigenartigsten Zeiten aus. Fast zeitgleich erfährt Juliane, dass ihr Freund Oliver verheiratet ist, dass sie ihren Job verlieren wird und dass sie als Erbin von Ada Schobüll eingesetzt wurde.
Ada Schobüll war ihre Großmutter väterlicherseits, von der sie nicht einmal wusste, dass diese noch gelebt hatte, nachdem ihr Vater vor Jahren verstorben war. Als sie ihre Mutter Hanne daraufhin befragen will, blockte diese ab, es war kein herankommen, keinerlei Informationen von dieser Seite zu erfahren.
Geerbt hat sie den Nachlass ihrer Großmutter, der aus einem Bauernhof und einem Leuchtturm samt Wärterhäuschen besteht. Das alles zu finden an der Nordseeküste auf der Hallig Fliederoog. Hm, was genau macht man nun mit einem Leuchtturm?
Als sie ihrem Halbbruder Felix davon erzählt, ist dieser sofort Feuer und Flamme. Klar dass sie sich dort, bevor Juliane die Erbschaft annimmt oder ablehnt, erst einmal umschauen wollen.
Auf Fliederoog angekommen, werden sie von Jasper, einem langjährigen Freund von Ada, abgeholt. Sie fühlen sich willkommen.
Nach einem ersten Eindruck fahren sie wieder nach Hamburg. Juliane ist noch ein wenig unschlüssig und zieht dann doch für eine gewisse Zeit nach Fliederoog, um zu entscheiden, was sie mit dem Anwesen und dem Erbe machen soll...
Welch ein Schock, wenn man nach vielen Jahren erfährt, dass man eigentlich Großeltern, von diesen aber keine Kenntnis hatte. So erging es Juliane, als sie vom Ableben Ada Schobülls erfuhr, die ihre Großmutter war und die sie zur Alleinerbin einsetzte. Ihre Mutter hatte nach dem Tod ihres Vaters nicht nur den Kontakt zu den Eltern ihres Mannes abgebrochen, sie hat auch deren Existenz verleugnet. Obwohl sich Juliane stets auf ihre Mutter verlassen konnte und sie ihr immer mit Rat und Tat zur Seite stand, verschlechtert sich das Verhältnis der beiden daraufhin enorm. Juliane kann nicht verstehen, warum die Mutter nie etwas erzählte, so dass es ihre Beziehung stark beeinträchtigt.
Als Juliane nach Fliederoog zog, gab es nicht nur freundliche Gesichter, die sie dort antraf. Einige Mitmenschen passte es so gar nicht, dass sie dort aufkreuzte, aber war das ihr Verschulden oder warum standen diese ihr so ablehnend gegenüber.
Juliane, die den Menschen offen entgegentritt, findet Freunde und Nachbarn, mit denen sie sich gut versteht.
Aber es gibt auch Dinge, die sie nicht versteht, vor allem, welches Geheimnis verbirgt sich hinter den Ringen, die sie immer mal wieder zu sehen bekommt und von denen sie inzwischen auch welche besitzt? Fragen dazu werden nur ausweichend oder gar nicht beantwortet.
Auch in diesem Roman vermittelt die Autorin Gabriella Engelmann deutlich ihre Liebe zu den Nordseeinseln, obwohl Fliederoog keine Insel, sondern eine Hallig ist.
Gabriella Engelmann versteht es wie keine andere, den Leser mit auf die Insel zu nehmen. Man hat das Gefühl, alles mit eigenen Augen zu sehen, den Leuchtturm zu erklimmen, in der Lore mitzufahren. Die Empfindungen der Protagonistin sind hautnah spürbar, als wäre man sie selbst. Die unglaubliche Schönheit der Insel sieht man mit den Augen der Autorin und sie kann einen nur faszinieren. In Gedanken habe ich schon meine Koffer gepackt, weil ich genau das sehen will, was die Autorin mir bildlich vorgestellt hat.
Mit der Protagonistin Juliane hat die Autorin eine Frau geschaffen, die man gern als Freundin hätte. Anfangs skeptisch, macht sie sich mit der Lage vertraut, bevor sie zu einem abschließenden Entschluss kommt.
Als Leser ist man förmlich dabei, wie sie anhand von Briefen, Zettelchen, Bildern, Gesprächen und vielem anderen ihre Großmutter Ada kennenlernt. Eine Frau, die sie sehr gern gekannt hätte und der Wunsch wird immer größer, je mehr sie über diese in Erfahrung bringt.
Auch mit den Gegebenheiten einer Hallig muss sie sich vertraut machen, ein ihr völlig fremdes und ungewohntes Terrain, aber ist das was, was man immer haben möchte?
Gabriella Engelmann hat die Eigenheiten und Besonderheiten einer Hallig sehr gut recherchiert, so dass sich dem Leser der Verdacht aufdrängt, sie würde auf einer leben.
Das Cover des Buches ist ein absoluter Augencatcher. Man muss das Buch einfach in die Hand nehmen und sich ansehen und das nicht nur wegen dem traumhaften Bild. Die Haptik des Einbandes tut sein übriges, ich weiß nicht, wie oft ich mit den Fingern darüber gestrichen habe, denn es zieht mich immer magisch an.
Das Buch ist wieder ein absolutes Lesehighlight gewesen, aber man kann mit einem Buch der Autorin auch nicht viel falsch machen.
Ich fühlte mich rundum wohl auf Fliederoog, habe Juliane mit all ihren Sorgen und Nöten begleitet und mit ihr auf der Hallig gelebt.
Ein Buch, das ich sehr gern weiterempfehle.