Die junge Grafikerin Tiffy will sich nach der Trennung von Justin endlich aus der gemeinsamen Wohnung ziehen. So macht sie sich auf die Suche nach einer neuen Bleibe, was in London nicht so einfach ist. Horrende Preise und miese Absteigen machen ihr Vorhaben schwer. Da stößt sie zufällig auf eine ganz besondere Anzeige: jemand bietet eine ungewöhnliche Art Wohngemeinschaft an. Für einen erschwinglichen Preis kann Tiffy die Wohnung abends und nachts nutzen, während der andere Mieter die Wohnung untertags für sich hat. Die Idee ist denkbar einfach: die beiden teilen sich die Wohnung samt Bett zu unterschiedlichen Zeiten und werden sich nicht über den Weg laufen, wenn sich beide an die festgelegten Regeln halten. So der Plan ¿ Tiffy zieht ein, nicht ohne den Rat ihrer Freundin Gerty "Nicht mit dem Mitbewohner schlafen!" im Hinterkopf zu haben. Denn bei dem "Vermieter" handelt es sich um einen Mann: Leon, ein Krankenpfleger auf einer Palliativstation, der im Nachtdienst arbeitet. Da sie sich tatsächlich nicht über den Weg laufen, beginnen sie, Post-Its für einander zu hinterlassen.
Das Cover schreit geradezu nach Aufmerksamkeit. Die großen pinkfarbenen Buchstaben verlangen, dass man das Buch in die Hand nimmt und zumindest den Klappentext liest. Haptisch hebt es zudem die Buchstaben gekonnt hervor. Ich würde sagen, dass es schlichtweg gelungen ist und wunderbar zu einem warmherzigen, in den Anfängen ungewöhnlichen Liebesroman passt.
Beth O¿Leary lässt Tiffy und Leon abwechselnd zu Wort kommen. Dabei setzt sie ganz deutliche Unterschiede in der Erzählweise der beiden. Während Leon zurückhaltend und ruhig erscheint und oft die Personalpronomen fehlen, kommt Tiffy sehr emotional und auch unsicher rüber. Als Stilelement hat mir das von Anfang an gefallen und ich konnte mir beide Charaktere bildlich vor Augen halten. Es wäre nicht einmal die Überschrift "Tiffy" oder "Leon" nötig gewesen, um die beiden auseinander zu halten. Der Humor kommt in dieser Liebesgeschichte nicht zu kurz und ich war von Anfang an gespannt, wie sich diese seltsame Wohngemeinschaft noch entwickeln wird. Etwas genervt war ich zwischendurch von Tiffy mit ihrem Gehabe um ihren Ex Justin, z.B. als sie sich einen lüsternen Blick von ihm einbildet, obwohl er sich mit ihrer Nachfolgerin bereits verlobt hat und zudem von ihr Mietrückstände zurückfordert. Mit der Zeit wurde mir klar, dass Tiffy von Justin systematisch manipuliert wurde und immer noch sehr unter seinem Einfluss steht. Tiffy ist emotional unausgeglichen, ängstlich und unsicher. Leon bildet den ruhigen Gegenpol zu Tiffy. Er ist hilfsbereit, zuverlässig und einfach liebenswert. Interessante Charaktere sind neben Tiffy und Leon auch Tiffys Freunde Mo und Gerty, die recht gegensätzlich sind und ihr in jeder Situation beistehen. Ich finde, Beth O¿Leary hat ein gutes Gespür für die Entwicklung von Charakteren und deren Eigenheiten. Großartig finde ich Post-Its als Kommunikationsmittel - sehr ungewöhnlich in der heutigen digitalen Welt und dadurch umso schöner.
Können sich zwei Personen näher kommen, die sich über Post-Ist verständigen? Können auf diesem Wege Gefühle entstehen? Dieser Roman beantwortet die Frage mit einem klaren "JA". Mir hat die Idee hinter dem Buch sehr gut gefallen und ich finde, die Autorin setzt sie sehr schön um. Eine leichte Sommerlektüre, die sich auch am Pool, Strand oder auf dem heimischen Balkon lesen lässt.