auf mich äußerst faszinierend, wie Murakami Situationen und Orte beschreibt. Alles erscheint mir vollkommen, authentisch und sehr nah.
Eine Neuerung, die ich bisher nicht von Murakami kenne, ist das Spiel mit der Auktorialität. Dem Leser immer wieder vollkommene Neutralität versichernd, nimmt er ihn an die Hand, beschaut die Situationen absolut neutral, lässt Dinge im Dunkeln, im Rätselhaften, gibt nur soviel von seiner Allwissenheit preis, wie für den Augenblick nötig. Er gibt dem Leser das Gefühl, selbst den Ort und die Situation zu erkunden, die Räume und Personen mit den Augen zu erfassen, als würde man sie zum ersten Mal sehen und genauestens beobachten.
Auch als die Situation brenzlig wird, rechtfertigt sich der Erzähler gegenüber dem Leser, dass er nicht eingreifen kann, obwohl es ihm doch so notwendig und sinnvoll erscheint und er es so gerne möchte, aber es geht nicht, da er ja `nur` der Erzähler ist.
Ein unauffälliges, aber hübsches Mädchen, sitzt nachts, in ihr dickes Buch vertieft, in einem Fastfoodrestaurant einer japanischen Großstadt. Sie wirkt sympathisch, ist hauptsächlich an ihrem Buch interessiert, nimmt nur beiläufig ihre Umwelt wahr und dann und wann einen Zug von ihrer Zigarette. Ein junger Mann taucht auf, setzt sich zu ihr, Musiker, Posaunist in einer Jazzband, auf dem Weg zur Probe. Ein zaghaftes Kennenlernen beginnt.
Währenddessen schläft die hübsche Schwester der Fastfoodesserin in ihrem Bett, still und tief. Ein Accessoire des Zimmers: ein Fernseher, der Netzstecker ist herausgezogen. Ein Bild baut sich jedoch auf, es wird etwas unheimlich, das Bild flackert, zunächst undeutlich, ein Raum kristallisiert sich heraus, in der Mitte ein Stuhl, auf diesem sitzt ein Mann mit einer transparenten Maske. In diesem Zimmer geht ganz offenkundig etwas vor. Vielleicht etwas von schwerwiegender Bedeutung. Das Mädchen schläft.
Haben diese Situationen etwas miteinander zu tun? Dem ersten Anschein nach nicht. Murakami versteht es jedoch wie immer, Verbindungen zwischen Menschen und Situationen herzustellen, die auf den ersten Blick gar nicht zueinander passen.
Ein uneindeutiges Ende verschafft auch in Murakamis neuem Roman dem Leser viel Interpretationsspielraum, jedoch ohne dabei ins LeerLeere zu laufen. Ein Geschenk für alle, die bei einer Romanlektüre das eigene Erleben schätzen, gerne selbst miterleben und selbst mitdenken.
Ein neues Meisterwerk des jungen Meisters aus Japan! Absolut klasse!!