Der Liebesroman "Wintertage auf Capri" von der Autorin Roberta Gregorio ist eine Fortsetzung zu "Sommertage auf Capri". Schön finde ich, dass die Personen und Schauplätze weitestgehend dieselben bleiben, so dass sich, wenn man schon "Sommertage auf Capri" gelesen hat, sofort ein Gefühl der Vertrautheit einstellt. Beide Bücher können aber selbstverständlich auch unabhängig voneinander gelesen werden. Passend zu den Buchtiteln liegen zwischen dem Ende des ersten Romans und dem Erzählbeginn des zweiten Romans nur wenige Monate. Während in "Sommertage auf Capri" Velia und Ennio die Protagonisten sind, geht es in der Wintergeschichte in erster Linie um die alleinerziehende Sängerin Mariasole, Ennios beste Freundin. Sie war mir schon in "Sommertage auf Capri" sehr sympathisch - eine starke Persönlichkeit und trotzdem verletzlich, ein wenig verrückt, aber keineswegs oberflächlich, eine tolle Mama, die ihren kleinen Sohn über alles liebt und eine warmherzige, hilfsbereite Freundin.
Der Roman beginnt mit einem kurzen Rückblick auf den Tag, als Mariasole von ihrer ungeplanten Schwangerschaft erfährt. Doch dann ist man gleich mitten drin in Mariasoles neuem Leben als Sängerin in Deutschland. Nachdem sie im Sommer endlich den heißersehnten und absolut verdienten Plattenvertrag hatte ergattern können, ist sie mit ihrem Sohn Alfio für die Zeit der Plattenaufnahme und der Promotion ihres Songs von der Insel Capri nach Bayern gezogen. Sie wohnt nun vorübergehend in einer Ferienwohnung auf dem Bauernhof von Niklas, Velias Ex-Freund, den Mariasole im Sommer auf Capri zufällig kennengelernt hatte. Mariasoles neues Leben scheint perfekt. Ihr Weihnachtssong ist ein großer Erfolg, sie fühlt sich wohl in ihrer neuen Umgebung, ihre Gastfamilie kümmert sich rührend um sie und Alfio - und dann ist da auch noch Niklas, der sich immer mehr in ihr Herz schleicht. Doch eine völlig unerwartete Nachricht von Alfios Vater Gerardo bringt Mariasoles Welt gehörig ins Wanken. Er will seinen Sohn kennenlernen! Mariasole steht plötzlich vor so vielen ungeklärten Fragen: Wie soll sie sich Alfios Vater gegenüber verhalten, nachdem er sie schwanger im Stich gelassen und sich dann jahrelang nicht mehr gemeldet hatte? Wie kann sie Alfio unterstützen, der zusehends mit starkem Heimweh zu kämpfen hat? Und wie wird es mit Niklas weitergehen, der sich immer in sich zurückzieht, sobald er auch nur die kleinste Verunsicherung spürt? Kurz vor den Festtagen bekommt Mariasole das Angebot in ihre Heimat zu fliegen, denn es sollen Fotoaufnahmen und Interviews für einen Zeitschriftenartikel über sie zusammengetragen werden. Somit kann Mariasole die Weihnachtsfeiertage auf Capri verbringen und vielleicht hilft ihr der ganz besondere Zauber der Insel, ihre Gedanken zu ordnen und Antworten auf all ihre Fragen zu finden¿
Die Geschichte liest sich sehr angenehm und ist bestens geeignet für einen gemütlichen Vorweihnachtsabend auf dem Sofa. Ich fand es auch spannend, mal darüber nachzudenken, wie sich ein deutsches und ein süditalienisches Weihnachtsfest wohl unterscheiden. Roberta Gregorio gelingt es jedenfalls perfekt, das Flair der Insel Capri und die typisch süditalienische Gastfreundschaft in ihrer Geschichte zum Ausdruck zu bringen. Außerdem hat Roberta Gregorio ein Händchen dafür, Charaktere zu erschaffen, die einem sofort ans Herz wachsen. Das war schon immer so und auch in diesem Buch hat sie mich diesbezüglich nicht enttäuscht. Eine Person hat mich in "Wintertage auf Capri" ganz besonders zum Schmunzeln gebracht: Oma Nina. Sie setzt wiederholt ihre großmütterliche Weisheit, aber auch ein gewisses Maß an Bauernschläue ein, um die Dinge in die richtigen Bahnen zu lenken. Vor allem ihr Enkel Niklas lernt dadurch, über seinen eigenen Schatten zu springen. Mir gefällt es sehr, dass sich die Figuren in Roberta Gregorios Romanen stets selbst treu bleiben, sich aber gleichzeitig auch weiterentwickeln und bereit sind, aus ihren Fehlern zu lernen, denn das macht sie unheimlich glaubwürdig.
Nur eine einzige Sache hat mich ein wenig gestört: Mariasole erzählt ihrem Sohn zum Einschlafen eine Sage über die Insel Capri. Diese Kurzgeschichte wird, über das ganze Buch verteilt, zeilenweise eingeschoben, so wie es auch schon mit der Prinzessinnen-Geschichte in "Sommertage auf Capri" gehandhabt wurde. Die Sage um Vesuvio und Capri aber ist so wunderschön tragisch-traurig, dass sie es wirklich verdient gehabt hätte, nicht zerstückelt zu werden. Denn so war es für mich etwas schwierig, den Faden in dieser Kurzgeschichte nicht zu verlieren.
Von mir gibt es trotzdem die vollen 5 Sterne, einfach deshalb, weil es Roberta Gregorio immer wieder schafft, mich mit ihren Charakteren zu berühren und mir ab und an sogar ein Tränchen zu entlocken. Ich bedanke mich ganz herzlich für das kostenlose Rezensionsexemplar und versichere, dass meine Meinung zum Buch dadurch nicht beeinflusst wurde.