Gegen den geraden Strich
Als Friedensreich Hundertwasser (1928 - 2000) in den Jahren 1973 bis 74 eine Ausstellungstournee seiner Grafiken in Neuseeland und Australien in acht Museen und Galerien plante, wollte er keinen opulenten Katalog dafür sondern ein sehr kleines Verzeichnis in schwarzem Leinen und mit schwarzem Papier, aus dem seine farbfrohen Werke deutlich hervortraten. Der Künstler hatte sich einen sehr aufwendigen Druck ausgedacht: Vier Skalenfarben, sechs weitere Farben, Gold und Silber, Metallprägefolien in neun Farben und weitere Vorgaben.
Aber kein Verleger war zu diesem außergewöhnlichen Experiment bereit, das gehe gegen alle Regeln und Erfahrungen, das Buch sei wegen der hohen Produktionskosten unverkäuflich. Schließlich erklärte sich Joram Harel, Freund und Mentor des Künstlers und späterer Vorsitzender der Hundertwasser - Stiftung, bereit, den Druck zu übernehmen. Das Wagnis wurde ein Riesenerfolg. Über 750 000 Exemplare in 18 Auflagen wurden im Selbstvertrieb vermarktet. Jetzt liegt eine weitere überarbeitete Fassung aus dem Prestel-Verlag vor.
Das Büchlein enthält alle 98 Grafiken des Künstlers aus den Jahren 1951- 1976 in brillanten Farben.
Viel Bekanntes ist darunter: "Der Regentag", "Good Morning City" oder die zwei Fassungen des aufwendigen großen Plakates für die Olympischen Spiele in München `72.
Ein anderer Freund des Künstlers, Wieland Schmied (1921 - 2014), Direktor der Kestner - Gesellschaft, hat eine lesenswerte Einführung in das Werk geschrieben, auf Deutsch und Englisch.
Auch Walter Koschatzky (1921 - 2003) der "Grafikpabst" ist mit einem Essay vertreten, leider nur in Englisch.
Das kleine Büchlein, kaum größer als ein Handy oder Tablett, ist ein wahrer Schatz, es passt in jede Sakkotasche und kann in Bus und Bahn oder im Wartezimmer vor dem Impfen statt ihrer hervorgezogen werden und die Zeit aufs Angenehmste vertreiben. Bei dem niedrigen Preis ist es auch ein schönes Mitbringsel statt Blumen.
Karlheinz Schmiedel