Die Umsetzung des Buchlayouts war richtig gut gelungen. Nicht nur das Cover und der Titel waren perfekt auf die Story abgestimmt worden, mir gefiel ebenso die unterschiedliche Oberflächenstruktur. So war das Buch haptisch schon ein Erlebnis. Auch das Innenlayout des Buchumschlages wusste mich zu überzeugen. Zu sehen waren zwei Karten, einmal die legendäre Ruminsel Jamaika im vorderen Buchdeckel und eine Karte mit den Rumländern dieser Welt auf der Rückseite des hinteren Buchdeckels.
Obwohl Rum oder Ehre zur Reihe kulinarische Kriminalromane gehört, ist dieses Buch als Einzelband zu sehen. Es waren also zum Verständnis keinerlei Vorkenntnisse nötig, denn hier drehte es sich um Rum, während es im ersten Band um Gin ging.
Das Kernthema war also klar ersichtlich und mit allerlei spannenden Wissen rund um Rum gespickt. Mir gefiel das richtig gut und es war angenehm, dass manches im Krimi integriert, anderes wiederum separat als eine Art Infobroschüre dargestellt wurde. Optisch war das gut zu unterscheiden, denn die Seiten der Infobroschüre wurden auf grauem Papier gedruckt, sodass auch bei geschlossenem Buch die entsprechenden Seiten sichtbar waren.
Rum oder Ehre hielt tolle Charaktertypen bereit. Meine Lieblingsfigur war allerdings schon ab der ersten Seite tot und trug den klangvollen Namen Lasse Reinda. Er war es auch, der die Infobroschüren verfasst hatte und den ich dank seines besten Freundes Martin trotz seines Todes kennenlernen durfte. Lasses verschrobener Humor und Direktheit war sicherlich nicht jedermanns Geschmack, ich fand ihn jedenfalls grandios. Und seine Aktion auf dem Friedhof brachte mir vor Lachen Tränen in den Augen ein, obwohl die Situation doch ziemlich skurril gewesen ist.
Auch Christian Martins Bruder lernte ich hauptsächlich durch seine Tagebucheinträge kennen. Er war charakterlich eher der Draufgänger und Abenteuertyp, trotzdem mochte ich ihn, obwohl ich zu ihm keine engere Bindung aufbauen konnte.
Hauptfigur Martin, den alle nur Käptn nannten, da er beruflich Piratenkindergeburtstage ausrichtet, hatte ich sofort ins Herz geschlossen. Eine echt norddeutsche Frohnatur. Bodenständig, gradlinig und mit seiner ruhigen Art hatte ich große Sympathien für ihn. Besonders mochte ich, dass wir es hier mit einem alten Mann von über siebzig Jahren zu tun hatten. Vor allem körperlich merkte ich ihm sein Alter oft an, was ihn authentisch und lebensnah machte.
Joanna mochte ich auf Anhieb. Die jamaikanische Ermittlerin mit ihrem großen Faible für Miss Marple schloss ich augenblicklich ins Herz. Sie war ein durch und durch liebenswerter Charakter, den niemand unterschätzen sollte.
Babe, die eigentlich Christiane heißt, war eine freche und spritzige Type, der ich anfänglich Misstrauen entgegenbrachte. Doch mit der Zeit mochte ich sie immer mehr und sie war es auch, die dem Ganzen erst so richtig Pep verlieh. Als quirliges Energiebündel hielt sie so manche Überraschungen parat.
Zu guter Letzt möchte ich noch Isaak erwähnen, welcher der kiffende Sohn von Joanna war. Er ist ein ausgesprochen interessanter Charakter gewesen, der aus falschen Leitmotiven doch das richtige tat. Diese Kernkombi aus Martin, Babe, Jonna und Isaak waren absolut erfrischend für einen Krimi, der sich selbst nicht zu ernst nahm.
Aber auch die Nebenfiguren konnten sich sehen lassen und auch sie waren alle unterschiedlich ausgearbeitet worden. Insgesamt waren alle Charaktere absolut realistisch dargestellt worden. Mit ihren Eigenheiten verliehen sie dem Ganzen Tiefe und ich konnte sie alle sehr gut aufeinander halten.
Rum oder Ehre bediente sich einer wechselnden Erzählperspektive. Hauptsächlich durfte ich mithilfe des personalen Erzählers Martin und Joanna über die Schulter schauen. Die Tagebucheinträge waren aus Christians Perspektive in der Ich-Form geschrieben, während die Infobroschüren überwiegend der sachlichen Information dienten, an denen hier und da auch Lasses persönliche Meinung durchblitzte.
Übrigens sorgten die Songtitel unter den Kapitelzahlen ständig für Ohrwürmer bei mir. Die meisten kannte ich nämlich und ich summte sie am Anfang mit, was mich auf das neue Kapitel immer stets einschwor. Die Songtitel waren auch immer passend ausgewählt und rundeten so den Gesamteindruck ab.
Der Einstieg in Rum oder Ehre fiel mir nicht ganz so leicht. Die Geschichte war interessant aufgebaut worden, aber ich kam lesetechnisch nur langsam voran. Mein Hauptproblem waren die extrem langen Kapitel und der sehr langsame Spannungsaufbau. Manchmal hatte ich den Eindruck, dass Carsten Sebastian Henn selbst ein Tütchen neben dem Schreiben geraucht hatte, weil die Spannung so gechillt war wie ein Mensch nach dem Konsum von Marihuana. Trotzdem war es nie langweilig, die Story wusste schon mich an sich zu binden. Das Ganze bekam Zeit sich zu entwickeln und wie bei der Entstehung zu einem guten Rum brauchte es auch hier etwas mehr Geduld. Das meine ich aber gar nicht kritisch, denn wenn es in diesem Krimi hier vor Action und lauter blutiger Gewaltszenen nur so gewimmelt hätte, dann wäre das Alles ziemlich unglaubwürdig gewesen. So allerdings konnte mich die Gesamtkombination überzeugen.
Besonders gut gefallen hatten mir die zwei Settings. Einmal das kühle Flensburg mit den wortkargen Menschen und einer typisch norddeutschen Mentalität. Die im krassen Kontrast zum warmen, freundlichen und Rum-seligen Jamaika standen. Beide Atmosphären hatten etwas für sich und ich muss gestehen, dass besonders die Beschreibungen von Jamaika und seiner Landschaft, Bars und Destillerien meine Reiselust geweckt hatten.
Carsten Sebastian Henns Schreibstil war flockig humorig und hatte eine angenehme Leichtigkeit. Bild- und wortreich gelang es ihm alles lebendig zu beschreiben, sodass ich vor mir meinem inneren Auge alles genau vorstellen konnte. Der Mix aus Humor, Schwermut und der Begeisterung für Rum war gelungen und unterhaltsam.
Trotz ein paar Morden war dieser Krimi gar nicht bedrückend, sondern eine Hommage an den Rum und seiner Vielfältigkeit. Außerdem mochte ich das Rum oder Ehre viele Ecken und Winkel hatte, sodass ich der Lösung von allem zwar dicht auf der Spur, aber meist daneben lag.
Fazit:
Rum oder Ehre ist ein klassischer Hobby-Detektiv-Krimi der vom kulinarischen Genuss in Form von Rum geküsst worden ist. Der Krimi nimmt sich selbst nicht zu ernst, bietet aber gerade deshalb spannende und humorvolle Unterhaltung. Darauf ein Glas Rum! Prost!