"Eden Culture - Ökologie des Herzens für ein neues Morgen" das aktuelle Buch von Dr. Johannes Hartl ist im September 2021 im Herder Verlag erschienen.
Der Autor "Johannes Hartl" ist vielen bekannt als beliebter Speaker und zeichnet sich durch ein umfassendes Wissen und das Einbeziehen von aktuellen Trends bei seinen Vorträgen aus.
In seinem neuen Werk "Eden Culture" geht es um die Themen Verbundenheit, Sinn und Schönheit, die er als die Schlüsselbegriffe einer "Ökologie des Herzens" präsentiert. Der Garten Eden und damit der Bezug auf die biblische Urgeschichte ist der Ort, an dem diese drei essenziellen Elemente, die von Hartl als Geheimnisse betitelt sind, das Menschsein repräsentieren.
Beim Geheimnis der Verbundenheit betont Hartl die Bedeutung einer intakten frühkindlichen Bindung, die sich aufs spätere Leben beruflich und privat auswirkt. Als Gegenspieler bezeichnet er Entfremdung, Abwertung, Perfektionismus und Überforderung. Die Auseinandersetzung und Aussöhnung mit der eigenen Vergangenheit ist für ihn ein notwendiger Prozess, um zu überleben. Als Beispiel nennt er insbesondere Victor Frankl, der seine gesamte Familie im Konzentrationslager verloren hat und sich mit dieser bitteren und schweren Geschichte nicht nur ausgesöhnt, sondern lebensbejahende Zukunftsaussichten daraus entwickelt hat.
Als zweites Geheimnis nennt Hartl die Sinnorientierung im Leben. Er beschreibt dabei mit vielen in die Tiefe gehenden Beispielen aus Philosophie und Christentum, dass der Sinn oft über einzelne Personen hinausgeht und einer größeren Sache oder einem höheren Wert dient.
Auch das dritte Geheimnis, die Schönheit wird kulturhistorisch recherchiert und aufgerollt. Wichtig dabei ist, dass es dabei um zweckfreie Schönheit geht. Schönheit zeichnet sich nach Hartl unter anderem durch Großzügigkeit und Wertschätzung aus und es gibt eine Verbindung zur Wahrheit und zum Guten. Damit spannt er einen Bogen zur spirituellen Philosophie von Thomas Aquin und betont den göttlichen Aspekt von Schönheit. Demgegenüber stellt er die der Schönheit abgewandte Entwicklung von Deathwork und Transhumanismus, in deren Mittelpunkt nur noch die Funktionalität steht.
Im Schlusskapitel geht es dann um die Zukunftsvision eines "Eden 2.0". Keine Glorifizierung der Vergangenheit, sondern die logische Entwicklung einer neuen Qualität des biblischen Ursprungs "Eden Culture". Nicht menschengemacht, wie der Turm zu Babel, sondern als Geschenk des Himmels wird sich dieses neue Eden präsentieren. "Am Ende steht etwas Besseres als das alte Paradies. Eine Stadt, in der Bäume des Lebens stehen und kristallklares Wasser fließt. Stadt und Garten zugleich."
Mein Leseeindruck:
Hartls Schreibstil ist anschaulich, dynamisch und gut lesbar. In seiner Recherche verweist er auf zahlreiche empirische Untersuchungen, historische Entwicklungen und philosophische Denkweisen.
Besonders im Kapitel "Sinn" gelingt ihm eine faszinierende und sehr eindrückliche Kurzfassung der philosophischen Geschichte, bei dem ich als interessierte Leserin viele neue Erkenntnisse und Zusammenhänge entdecken konnte.
Alle drei Geheimnisse sind sehr ausführlich, manchmal etwas zu langatmig und mit viel Hintergrundwissen aufgeführt, sodass dann das letzte Kapitel und zum Buchtitel kompatible Thema meines Empfindens zu kurz kommt.
Hartl spannt den Bogen vom Anfang der Bibel bis zum Ende, doch dazwischen fehlt mir die Heilsgeschichte, die hier durch die Erwähnung "einer zweiten Kindheit" durch Jesus Opfer nur kurz gestreift wird. Aufgrund des Titels "Eden Culture" hatte ich hier nicht nur den kulturgeschichtlich und philosophisch -spirituellen Hartl, sondern auch den Theologen stärker erwartet.
Seine theologischen Aussagen sind hier nur ansatzweise zu lesen, vieles wird nur angedeutet und nicht näher erläutert. Da fehlt mir ein intensiverer biblisch-theologischer Diskurs.
Mein Fazit:
Eine eindrückliche Reise in Philosophie und Christentum, um den ganzheitlichen Aspekt der momentanen gesellschaftlichen Entwicklung und Krisen herauszustellen. Hartl verharmlost die Gefahr des drohenden Klimawandels und die Entwicklung der künstlichen Intelligenz hier nicht, sondern stellt ihr den Verlust der menschlichen Dimension gleichberechtigt zur Seite. Er appelliert an die Sehnsucht im Menschen nach mehr Tiefe und Verbundenheit. Verbundenheit mit sich selbst, mit anderen Menschen und mit Gott.
Man kann nur hoffen, dass dieses Buch Leser findet, die sich mit gesellschaftsrelevanten Themen auseinandersetzen und bei ihren Entscheidungen offen werden für die im Leben jedes Menschen angelegten Sehnsucht nach einem Sinn und einer tiefen Verbundenheit im Leben.