Ein kleines Büchlein nur, aber voller Sprengkraft,
Bilanz einer gut fünfzig Jahre währenden Zusammenarbeit des Künstlers Klaus Staeck mit dem Verleger Gerhard Steidl. Es zeigt die bislang 300 geschaffenen Plakate des Malers und Grafikers, meist Fotomontagen in der Tradition von John Heartfield und George Grosz. Bild gewordene Satire, deren Sinn nicht immer auf Anhieb erkennbar ist, daher zum Mitdenken und Mitarbeiten anregt.
Oft sehen wir idyllische Motive aus Bildern von Bosch oder Breughel mit bissigen Texten von heute. Höhepunkt dieser künstlerischen Verfremdung zweifellos das schon 1971 in einer Auflage von nur 5000 Exemplaren gedruckte Plakat mit einer Kohlezeichnung seiner Mutter von Albrecht Dürer und dem Text "Würden Sie dieser Frau ein Zimmer vermieten?". Angesichts der Wohnungsprobleme heute genau so aktuell wie damals.
1938 in Pulsnitz bei Dresden geboren, litt Staeck schon auf der Schule in Bitterfeld unter der kommunistischen Ideologie und floh nach dem Abitur 1956 nach Heidelberg. Nach dem Jurastudium gründete er 1965 einen eigenen Verlag, mit dem er seine Plakate und Postkarten vertrieb. Während sein frühes Engagement für Christo 1969 noch mit einem Desaster endete, konnte der Künstler, wie er in unserem Buch mitteilt, später von seiner Arbeit gut leben. Das Plakat "Deutsche Arbeiter! Die SPD will Euch Eure Villen im Tessin wegnehmen" erzielte eine Auflage von 75.000 Exemplaren, Postkarten und Aufkleber des Motivs jeweils 100.000! Plakate im Internet kosten meist nur 5,- €.
Seine satirischen Bissigkeiten haben ihm viele Klagen und Prozesse eingebracht, diese aber haben ihreseits seiner Popularität genutzt und zu Erfolgen geführt. Staeck nahm an der 5. documenta 1972 teil und an der 6.,7. und 8. Insgesamt kann er auf etwa 3000 Einzelausstellungen in aller Welt zurückblicken. Zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen wurden ihm zuteil. Er war dreimal Präsident der Akademie der Künste in Berlin und ist seit 201 deren Ehrenpräsident.
Sein Kredo, der Künstler müsse sich in die politischen Auseinandersetzungen einmischen, sollte ihn in diesen Tagen zu verstärktem Engagement veranlassen, da wir einen Wahlkampf von erschreckender Unentschlossenheit und Trägheit über uns ergehen lassen müssen.
Karlheinz Schmiedel