In seinem neuesten fantastischen Thriller Kälte stellt Tom Rob Smith die berühmte Was wäre wenn-Frage. Er erzählt, wie ein kläglicher Rest der Menschheit versucht, in der kaum bewohnbaren, eisigen Kälte der Antarktis zu überleben, nachdem sie von überlegenen Alien kurzerhand aus der restlichen Welt verbannt wurde. Es wird wohl kein Zufall sein, dass uns diese Vorgehensweise irgendwie bekannt vorkommt, sei es nun aus der Geschichte der Native Americans in den heutigen USA oder vom Schicksal der Herero in der früheren Kolonie Deutsch-Südwestafrika, heute Namibia. Auch in der Erzählperspektive bleibt Smith konsequent bei den Betroffenen einer solchen Politik, denn wir erfahren fast nichts über die Absichten der Aliens oder vom Verbleib der Expeditionen, die sich über die Grenzen des Reservats hinaus wagen. Stattdessen zeigt uns der Autor, wie egoistisch Menschen auch in Extremsituationen sein können und welchen Schaden rücksichtslos-hierarchische Strukturen, skrupellose Wissenschaftler*innen und gedankenlose Genmanipulationen anrichten können. Das alles wird sehr anschaulich und bis zur letzten Konsequenz dargestellt. So ist Kälte im englischen Original Cold People eine beklemmend spannende Near-Future-Dystopie, die uns fröstelnd an den letzten Energiespar-Winter denken lässt und uns unser eigenes Handeln eindrucksvoll vor Augen führt.