Bei "Zwischen den Sommern" handelt es sich um den 2. Band der "Heimkehr-Trilogie" von Alexa Hennig von Lange.
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INHALT:
Bestürzt muss Isabell feststellen, dass ihre neunzigjährige Großmutter Klara nicht mehr am Leben ist.
Als sie deren Haus ausräumt, findet sie zahlreiche Kassetten, auf denen ihre Großmutter ihr Leben festgehalten hat.
Sowohl Isabell als auch ihre Mutter sind erstaunt, was Klara ihnen ihr Leben lang verheimlicht hat und wie nahbar und weich sie ihnen durch die Tonbandaufnahmen plötzlich erscheint. Ganz anders, als sie sie selbst erlebt haben ...
In Sandersleben leitete Klara 1939 ein nationalsozialistisches Frauenbildungsheim. Durch das Regime war sie gezwungen, die Bildungspläne und Werte der Nationalsozialisten umzusetzen.
Gleichzeitig lehnte sie das System ab. Der Zweite Weltkrieg brachte viel Leid mit sich. Auch ihr Mann Gustav wurde an die Front beordert.
Und dann war da noch das jüdische Mädchen Tolla, das Klara ans Herz gewachsen ist und sie in eine schwierige Zwickmühle beförderte
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MEINUNG:
Protagonistin Klara befindet sich in einer schwierigen Situation: Sie muss nach außen hin Regimetreue zeigen und die Bildungspläne & Werte der Nationalsozialisten im Unterricht vermitteln. Gleichzeitig lehnt sie das eigentlich alles ab und möchte nur das Beste für die jungen Frauen und Kinder. Diesen Zwiespalt fand ich im Buch gut dargestellt. Automatisch stellt man sich die Frage, wie man damals wohl selbst gehandelt hätte
Von Antisemitismus zu lesen, fällt mir aktuell deutlich schwerer, seit das Thema wieder so präsent in unserem Weltgeschehen und vor unserer Haustür geworden ist. Das ist mir beim Lesen immer wieder bewusst geworden. Und gleichzeitig ist es so wichtig, die Augen nicht zu verschließen und sich bewusst zu machen, wohin das alles führen kann
Auch eventuelle Schuldgefühle bzgl. des damaligen Handelns, das Schweigen über die Zeit des Krieges sowie das dadurch manchmal fehlende Verständnis der nachfolgenden Generationen kommen in der Geschichte gut zur Geltung und regen zum Nachdenken an.
Besonders eindrücklich finde ich es, wenn Autor*innen wahre Begebenheiten als Inspiration für ihre Bücher verwenden. So hat auch Alexa Hennig von Langes Großmutter tatsächlich auf über 130 Kassetten ihre Lebensgeschichte hinterlassen. Wow, wirklich beeindruckend!
Ich würde empfehlen, die Bücher nacheinander zu lesen. Sie bauen aufeinander auf und sind nicht in sich abgeschlossen, wobei Band 1 am Ende offener bleibt, als der 2. Teil.
Allerdings wird in diesem 2. Band so viel vom vorherigen Buch wiederholt, dass man theoretisch auch mit Band 2 einsteigen kann.
Obwohl ich Wiederholungen schätze, da ich häufig auch Inhalte wieder vergesse, war es mir hier - da ich den 1. Teil schon kannte - fast etwas zu viel an erneut erzählten Aspekten.
Dadurch dauerte es verhältnismäßig lange, bis die Geschichte für mich Fahrt aufnahm.
Gefühlt waren mir zudem die Zeitsprünge ab und an zu groß (auch wenn sie nicht riesig waren, hat mir manchmal etwas Handlung gefehlt) und trotz der eher bedrückenden, eigentlich emotionalen Themen, blieben mir die Protagonistinnen immer wieder zu fern - warum, kann ich nicht genau sagen.
Aber insgesamt habe ich die Geschichte gerne verfolgt und erwarte gespannt den dritten Teil der Trilogie!
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FAZIT: Für mich war die Fortsetzung der Trilogie etwas schwächer als der Vorgänger. Gerne wäre ich den Protagonistinnen noch etwas nähergekommen. Trotzdem behandelt der 2. Band wichtige und eindrückliche Themen, regt zum Nachdenken an und ich habe die Geschichte mit Interesse verfolgt. 3,5-4/5 Sterne!
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(C.N.: Krieg, Tod, Trauer, Antisemitismus)