Bevor ich mit Die Burg beginne, bestaune ich im Buchdeckel die tolle zeichnerische Darstellung des Schauplatzes von Burg Greiffenau. Zusehen ist die Anlage selbst, sowie die unterirdischen Systeme aus Höhlen, Kellern und Verliesen. Dies gibt gleich einen schönen und knackigen Überblick über die Örtlichkeiten.
Der Start in Die Burg von Ursula Poznanski ist wirklich stark. Ich bin sofort mitten im Geschehen und total gefesselt vom Auftakt in die Geschichte. Ich lerne Maxim Asher kennen, der selbst Inhaber einer kleinen Kette von klassischen Escape-Rooms ist. Er soll die neuartige, komplett durch KI unterstützte Escape-Welten vom Milliardär Nevio vor der Eröffnung auf Herz und Nieren testen. Gleich zu Beginn rätselt sich Maxim schon durch ein Thema und es wird damit auch gleich klar, was Die Burg alles draufhat.
Nach erfolgreicher Lösung des entscheidenden Rätsels lerne ich nach und nach weitere Charaktere kennen, die in Die Burg eine Rolle spielen werden. Insgesamt ist die Anzahl der realen Figuren übersichtlich. Neben weiteren Testkandidaten gibt es auch noch eine Handvoll Personal, welches für die Technik und die Erfüllung der gastronomischen Ansprüche vor Ort ist.
Die Mischung der unterschiedlichen Charaktere finde ich gut durchdacht. Sie alle haben unterschiedliche Qualifikationen und sind auf ihrem jeweiligen Gebiet Spezialisten. Doch sie versinken alle im Schatten des Spotlights, der im Wechsel auf Maxim und Alissa gerichtet ist. Die zwei sind der Dreh- und Angelpunkt der gesamten Story. Dank des personalen Erzählers begleite ich sie nicht nur auf den Handlungsebenen, sondern auch bei ihren ganz persönlichen Gedanken sowie Emotionen. Das schafft viel Nähe. Im Verlauf der Ereignisse kämpft sich dann ein anderer Charakter aus der Dunkelheit in meinen Aufmerksamkeitskreis, was ich anfänglich gar nicht erwartet, mich aber positiv überrascht hat.
Nach dem kleinen Vorgeplänkel und einer kleinen Führung durch Die Burg geht es auch schon los. Die Gruppe, bestehend aus den Testern, Nevio und einem Game-Master, begibt sich auf ihr eigenes Escape-Room-Abenteuer. Ursula Poznanski erschafft hier eine bunte Vielfalt aus Spielräumen, die sowohl aus historischen, zeitgenössischen und fantasiereichen Settings bestehen. Die Rätsel sind unterschiedlichster Natur, allerdings muss ich gestehen, dass ich nicht eins im Vorfeld lösen kann. Zu sehr bin ich gebannt von den Ereignissen, die sich während der Raterei ereignen. Nur eins ist mir von vornherein klar, das Ende wird nicht so sein, wie es sich die Teilnehmenden vorstellen.
Das große Escape-Abenteuer folgt einem vorgegebenen roten Faden, den die Teilnehmenden selbst im Vorfeld festgelegt haben. Alles baut sich ineinander auf und einige Elemente wiederholen sich auffällig oft. Dass sie wichtig für das große Finale sein könnten, kann ich unterdessen nur vermuten. Einen Reim kann ich mir bis zur Auflösung darauf allerdings nicht machen.
Die Atmosphäre in Die Burg ist wandelbar und faszinierend. Von nackter Angst bis hin zu unbändiger Freude ist alles dabei. Das sorgt für reichlich spannungsvolle Momente und eine interessante Mischung.
Der Schreibstil ist locker und sehr bildreich. Ich kann mir alles so plastisch vorstellen, dass ich die einzelnen Szenenbilder direkt vor Augen habe.
Wer gern Hörbücher mag, dem möchte ich gern Die Burg ans Herz legen. Rainer Strecker ist ein unglaublich talentierter Sprecher. Er verleiht den einzelnen Figuren passende Stimmfarben und ist dabei so vielfältig, dass ich auf Anhieb erkennen kann, wer gerade das Wort hat. Des Weiteren gelingt es ihm völlig natürlich die zur Szenerie passende Atmosphäre zu erschaffen. Es macht richtig Freude, ihm zuzuhören.
Was ich besonders an der Geschichte mag, ist, dass hier auch das Thema KI in den Vordergrund rückt. Sowohl die kritischen als auch die euphorischen Gedanken rund um künstliche Intelligenz bekommen hier Raum, passend zur Kernstory. Kann die künstliche Intelligenz tatsächlich böse sein? Oder sich gar gegen den Menschen richten? Ein faszinierendes Gedankenspiel in Form einer gewinnbringenden Escape-Room-Welt.
Das Finale ist packend gestaltet. So langsam ahne ich zwar, worauf es hinausläuft, doch der spannungsvolle Plot Twist überrascht mich sehr. Auch mag ich die Auflösung des gesamten Handlungsaufbaus, welcher zu einem guten Abschluss gebracht wird.
Fazit:
Die Burg ist eine verwinkelte Geschichte im Stil eines Escape-Welten-Abenteuers. Atmosphärisch erzählt mit kleinen blutrünstigen Schockern.