"Lass die Jahre kommen, denn sie bringen die Weisheit der Mutter, die Kraft der Großmutter. Lass mit jedem Jahr meine Liebe zu meinem Kind fließen, mein Lernen sei sein Wegweiser, wenn es einen sucht. Lass mich die sicheren Arme sein, in die es fällt, die Schulter, an der es Trost sucht, und das Herz, das stets offen und warm ist. Denn ich bin die älter werdende Frau, das ist die Schönheit, die in der Seele verweilt und aus den Augen strahlt. Ich bin Mutter." Buchzitat - Seite 264 (E-Book)
Mirrianne Mahns "Issa" entführt die Leser:innen auf eine emotionale Reise durch die Höhen und Tiefen von Identität, Familie und kultureller Verwurzelung. Die Autorin, eine Aktivistin und Theatermacherin, nimmt uns mit nach Kamerun ins Land der Protagonistin(nen).
In "Issa" begleiten wir die titelgebende Figur Issa auf ihrer inneren und äußeren Reise. Schwanger und voller Selbstzweifel begibt sie sich auf eine Reise nach Kamerun, dem Land ihrer Kindheit, auf der Suche nach Wurzeln und Heilung. Doch die Rückkehr in die vermeintliche Heimat wird zu einer Reise voller Konflikte und Erkenntnisse, die Issas ganze Existenz in Frage stellen.
Das Buch bietet einen faszinierenden Einblick in eine Welt, die zumindest mir bisher fremd war. Mahn beschreibt eindrucksvoll die kulturellen Rituale und Traditionen Kameruns oder zumindest der Region in der die Geschichte spielt, die Issas Reise durchdringen und prägen. Ich mochte besonders, dass die Geschichte zwischen Gegenwart und Vergangenheit (Anfang 20 Jahrhundert bis 2006) hin und her gesprungen ist und eigentlich nicht nur Issas Geschichte, sondern auch die von vier anderen Frauen erzählt und miteinander verwebt.
Issa als Hauptfigur ist eine Frau voller Selbstzweifel und innerer Zerrissenheit, gefangen zwischen zwei Welten und Identitäten. Hier wie dort ist sie fremd. Hier zu dunkel-, dort zu hellhäutig. Überall wird sie sofort als nicht zugehörig erkannt und muss den Spott über sich ergehen lassen. Man erlebt mit Issa Höhen und Tiefen, wobei sich immer wieder berührende Momente mit einer Prise Humor aber auch Traurigkeit abwechseln. Mit der Figur von Issa bin ich aber trotzdem nicht so richtig warm geworden. Wahrscheinlich weil ihre Realität ziemlich weit weg von meiner eigenen ist, was aber nicht heißt, dass es nicht trotzdem spannend zu lesen war.
Gut gefallen hat mir die leicht zugängliche Sprache, die eingestreuten Wörter in Pidgin-English und Bakweri (keine Angst, es gibt dazu ein Glossar) und der Schreibstil an sich. Das Cover ist schön (farbenfroh), aber auch etwas traurig und nach dem lesen des Buches passt es sehr sehr gut wie ich finde. Das Buch berührt Themen wie Identitätssuche, Rassismus und weibliche Selbstbestimmung auf eine eindringliche Weise, die zum Nachdenken anregt und lange nachhallt.
"Issa" ist nicht nur eine Geschichte über eine einzelne Frau, sondern ein eindrucksvolles Porträt von Mut, Widerstand und Selbstfindung. Mahn gelingt es, komplexe Themen wie polygame Ehen, traditionelle Rituale und das Gefühl des Fremdseins auf einfühlsame Weise zu beleuchten. Ich vergebe 4 von fünf Sternen.
"Das Denken kann dir niemand beibringen, das musst du selbst erlernen. Denn dann kannst du deine Geschichte selbst schreiben. Du musst in die Vergangenheit schauen, um die Gegenwart zu verstehen, damit du deine Zukunft gestalten kannst." Buchzitat - Seite 258 (E-Book)
Da Buch wurde mir als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Dies hat meine Meinung aber nicht beeinflusst.