Was wäre, wenn wir mutig sind? von Luisa Neubauer ist ein Sachbuch, das sich mit den Ursachen und Auswirkungen der Klimakrise auseinandersetzt und dabei die Rolle gesellschaftlicher Strukturen und persönlicher Verantwortung hinterfragt. Luisa Neubauer, eine der bekanntesten deutschen Klimaaktivist:innen, ist Mitbegründerin von Fridays for Future Deutschland und hat sich mit ihrem Engagement international einen Namen gemacht. Ihr Buch versucht, Mut zum Wandel zu machen und gesellschaftliche Gewohnheiten kritisch zu beleuchten.
Worum gehts genau?
Das Buch zeigt, wie sehr unsere Gesellschaft von fossilen Strukturen durchdrungen ist von der EU bis hin zu unserem Alltag. Neubauer erläutert mittels des Begriffs der "Fossilität", wie fossile Interessen die Politik, Infrastruktur und soziale Normen geprägt haben, und wie schwer es ist, diese tief verwurzelten Gewohnheiten zu durchbrechen. Sie spricht nicht nur über technische Lösungen, sondern legt den Fokus auf soziale Gerechtigkeit, politische Machtverhältnisse und die moralische Herausforderung, sich der Klimakrise auf mehreren Ebenen zu stellen. Dabei wird klar, dass Klimawandel kein rein technisches Problem ist, sondern eine umfassende gesellschaftliche Transformation braucht.
Meine Meinung
Beim Lesen dieses Buches hat mich vor allem die ehrliche Auseinandersetzung mit den Widersprüchen der Klimakrise berührt. Neubauer beschreibt, wie schwer es ist, in einer Welt zu leben, die auf fossilen Privilegien fußt, und wie diese Privilegien oft so selbstverständlich wirken, dass wir ihre zerstörerische Wirkung kaum noch wahrnehmen.
Allerdings bleibt das Thema soziale Klimagerechtigkeit für meinen Geschmack zu kurz und hätte mehr Raum verdient, um die komplexen sozialen Folgen der Klimakrise auf das Individuum noch deutlicher herauszuarbeiten. Manche Passagen empfand ich als etwas wiederholend und teilweise zu platt - hätte man sich sparen können. Der Schreibstil ist aber klar, ehrlich und gut verständlich, was das Lesen trotz der ernsten Thematik erleichtert. Womit ich auch Mühe hatte war die Struktur des Buches. Die Kapitel wirkten auf mich recht wahllos aneinandergereiht was auch dazu führte, dass die meisten Kapitel sehr kurz (nur 2-3 Seiten) lang waren.
Meine Emotionen schwankten zwischen Hoffnung und Frustration. Hoffnung, weil Neubauer Mut macht, gesellschaftlichen Wandel möglich zu machen. Frustration, weil der fossile Status quo so hartnäckig und mächtig erscheint. Auch die Analyse, wie Infrastruktur und sogar öffentliche Plätze als politische Instrumente gegen Protest genutzt werden, machte mich nachdenklich.
Ein persönlicher Punkt, den ich ansprechen möchte, ist Neubauers Haltung zu politischen Konflikten außerhalb der Klimakrise. Ihre anfängliche Positionierung zum Genozid in Gaza die Distanzierung von internationalen Klima- und Friedensbewegungen und die Parteinahme zugunsten Israels hat mich enttäuscht und ich kann das nicht nachvollziehen. Ich hätte mir von ihr eine klarere und empathischere Haltung gewünscht, gerade weil sie als Klimaaktivistin auch eine Stimme für (soziale) Gerechtigkeit sein sollte.
Fazit
Was wäre, wenn wir mutig sind? ist ein wichtiges Buch, das komplexe Zusammenhänge der Klimakrise verständlich macht und Mut zum gesellschaftlichen Wandel fordert. Trotz einiger inhaltlicher Schwächen und fehlender Tiefe bei der sozialen Klimagerechtigkeit ist es lesenswert und regt zum Nachdenken an. Für mein Empfinden verdient es 3 von 5 Sternen, ich hab mich mit dem Thema aber auch schon davor beschäftigt und es waren nicht so viele neue Dinge dabei. Ich danke NetGalley und dem Rowohlt Verlag herzlich für das Rezensionsexemplar.